Equal Pay Day – Jubiläumsausgabe im Coronamodus

Die Ungerechtigkeit geht weiter

// Landesbeirat für Chancengleichheit //
Zum zehnten Mal ist heuer der Südtiroler Equal Pay Day organisiert worden. Einiges hat sich seit der Premiere 2010 getan, doch zum gleichen Lohn für gleiche Arbeit bleibt es ein weiter Weg.
Aktionstag am Waltherplatz in Bozen
Elf Jahre ist es her, dass sich Südtiroler (Frauen-)Organisationen – angeführt vom Landesbeirat für Chancengleichheit – erstmals am weltweiten Aktionstag Equal Pay Day beteiligten. 27 waren es damals an der Zahl, bei der heurigen Jubiläumsausgabe (die letztjährige fiel coronabedingt ins Wasser) am 23. April waren es deren 62. Erstmals wurde 1966 in den USA darauf aufmerksam gemacht, dass Frauen mehr als ein Jahr arbeiten müssen, um auf dasselbe Jahresgehalt zu kommen wie männliche Kollegen.
Gesellschaftliches Umdenken unterstützen
Trotz der langjährigen und vielfachen Bemühungen sei der Aktionstag bei Weitem nicht obsolet geworden, erklärt die Vorsitzende des Landesbeirats, Ulrike Oberhammer: „Leider müssen wir feststellen, dass Frauen im Durchschnitt weiterhin 17 Prozent weniger verdienen als Männer. Gerade darum gilt es, weiter zu sensibilisieren und an Maßnahmen zur aktiven Bekämpfung dieser Ungleichheit zu arbeiten.“
Auch der für Chancengleichheit zuständige Landesrat, Landeshauptmann Arno Kompatscher unterstreicht, dass es notwendig ist, sich weiter für dieses Anliegen einzusetzen: „Die Lohndifferenz hängt mit den traditionellen Rollenbildern, mit der Ausbildungs- und Berufswahl, mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie mit den Karrieremöglichkeiten für Frauen zusammen. Hier müssen wir alle gemeinsam ansetzen, um mit gezielten Maßnahmen ein gesellschaftliches Umdenken zu unterstützen.“
Aktionstag mit Infoständen in 13 Südtiroler Gemeinden
Den Aktionstag nutzten die Frauen des Landesbeirates für Chancengleichheit und der unterstützenden Organisationen, um in der Bozner Innenstadt rote Taschen mit Infomaterial zu verteilen und so für den Equal Pay Day zu sensibilisieren. Die roten Taschen stehen sinnbildlich für die roten Zahlen in den Geldbörsen der Frauen. Ihnen gleich taten und tun es engagierte Frauen an insgesamt zwölf weiteren Standorten in ganz Südtirol: Bruneck, Brixen, Klausen, Kastelruth, St. Ulrich, Leifers/St. Jakob, Neumarkt, Tramin, Auer, Eppan, Meran und Prad.
Online-Tagung
Bereits am 14. April hatte der Landesbeirat zur Online-Tagung „Equal Pay Day – Quo vadis?“ geladen, bei der Vertreterinnen der Wissenschaft und Politik über die Gründe und Exit-Strategien aus dem Dilemma der Lohnungleichheit informierten. Ein Ausgleich brächte viele Vorteile mit sich, unter anderem wäre er eine konkrete Maßnahme gegen die Altersarmut von Frauen, zeigten sich die Mitglieder des Landesbeirates überzeugt.
Doch noch sei der Gap groß und inakzeptabel, unterstrich der Landeshauptmann Arno Kompatscher bei der Tagung. Die Lücke sei „ein Beweis von ungerechtfertigter Ungleichheit. Dies müssen wir in unserer Gesellschaft beseitigen“, sagte Kompatscher. Zustimmung dafür erhielt er sowohl von den Vertreterinnen des Beirates als auch von den Tagungsreferentinnen Silvia Vogliotti, Christine Zulehner und Landesrat Philipp Achammer.
„Unser Ziel ist es, in Abstimmung mit den Sozialpartnern, über eine aktive Arbeitsmarktpolitik Schritt für Schritt an einer Erhöhung der Frauenerwerbstätigkeit und an einem Absenken der bestehenden Hürden zu arbeiten“, führte Achammer aus. Dafür seien Maßnahmen nötig wie die Stärkung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (unter anderem durch dezentrale Co-Working-Plätze oder die Förderung innovativer Arbeitsmodelle) und der Zugang von Frauen zu hochqualifizierten Arbeitsplätzen oder die Verringerung der Selbstkündigung aus Familiengründen.
Die Vereinbarkeit und damit zusammenhängende geringere Arbeitszeiten seien empirisch nachgewiesene Gründe, weshalb Frauen weniger verdienen als Männer, führte auch die Wiener Wirtschaftsprofessorin Christine Zulehner aus. Sie zeigte zugleich Maßnahmen auf, mit denen man einen Umkehrschub bewirken könne: „Das Veröffentlichen von Einkommensberichten führt dazu, dass Lohnunterschiede sinken können“, unterstrich die Genderökonomin.
Donatella Califano und Ulrike Oberhammer
Südtirols Frauen verdienen 17 Prozent weniger als Südtirols Männer
Im Privatsektor beträgt der Südtiroler Gender Pay Gap 2019 auf den Tageslohn berechnet 17 Prozent, wenn nur die Vollzeitbediensteten berücksichtigt werden. „Die Analyse zeigt, dass auf allen Ebenen ein Gender Pay Gap besteht und bei fast allen untersuchten Merkmalen ergibt sich ein Unterschied zugunsten der Männer“, fasste AFI-Vizedirektorin Silvia Vogliotti zusammen. Im öffentlichen Dienst beträgt der Wert 17,8 Prozent.
Der Gender Pay Gap sei ein mehrdimensionales Phänomen: „Nur in sehr wenigen Fällen, die gesetzlich verboten sind, ist von Lohndiskriminierung die Rede: Die Kluft entsteht vielmehr durch die kombinierte Wirkung mehrerer Faktoren, die sowohl kulturell als auch mit der Arbeitsorganisation und der Gesellschaft zusammenhängen“, erklärte Vogliotti (siehe „So wird der Gender Pay Gap berechnet“).
Die roten Taschen stehen für die roten Zahlen in den Geldbörsen der Frauen.

Equal Pay Day – Jubiläumsausgabe im Coronamodus

So wird der Gender Pay Gap berechnet

// Landesbeirat für Chancengleichheit //
17 Prozent verdienen die Südtiroler Frauen im Schnitt weniger als die Südtiroler Männer.
Noch immer werden Frauen und Männer für gleiche Arbeit nicht gleich bezahlt. Die Lohndifferenz zwischen den Geschlechtern, der Gender Pay Gap, liegt in Italien und Südtirol bei 17 Prozent. Umgerechnet sind das 62 Tage, die Frauen unentgeltlich arbeiten. Berechnet wird der Gender Pay Gap jährlich auf den Tageslohn sowohl vom Landesinstitut für Statistik Astat als auch vom Arbeitsförderungsinstitut Afi anhand der Daten des Nisf-Inps zu den unselbstständig Beschäftigten in Vollzeit. Es handelt sich somit um einen Durchschnittswert, der Faktoren wie den Bildungsgrad nicht berücksichtigt, weshalb man von der unbereinigten Lohnlücke spricht.

Für diese mitentscheidend ist zum Beispiel, dass Frauen seltener in Führungspositionen arbeiten, seltener Zulagen erhalten und weniger häufig Überstunden machen, weil sie vielfach zuhause nicht entlohnte Arbeit verrichten. Eine Rolle spielen zudem unterschiedliche Bildungsgrade, aber auch die Verteilung in den Berufsfeldern, wobei Frauen in gut bezahlten Bereichen unterrepräsentiert sind.

Auf den ersten Blick haben die Faktoren, die die unbereinigte Lohnlücke bedingen, nichts mit dem Geschlecht zu tun. Manche argumentieren, der größte Teil des Unterschieds sei auf freie Entscheidungen von Frauen zurückzuführen. Zahlreiche Untersuchungen weisen jedoch darauf hin, dass diese meist gar nicht so freiwillig sind, sondern häufig Ergebnis von Diskriminierung am Arbeitsmarkt. So gibt es Belege dafür, dass Frauen nicht von sich aus auf Führungspositionen verzichten oder auch dafür, dass die Löhne in Berufszweigen sinken, in die Frauen vordringen.
Und was passiert, wenn die Lohndifferenz um die beobachtbaren Faktoren bereinigt wird? Dann bleibt eine „unerklärte“ Lücke, die zum Beispiel in Deutschland bis zu sechs Prozent beträgt.