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Gewinnen ist für uns gleich wichtig wie für die Männer

// Bettina Conci //
Arassay Duran Morens wurde 1985 in Kuba geboren. Die von allen „Ara“ genannte Sportlerin kam im Juni 2012 nach Italien, wo sie sofort mit dem Handballspielen weitermachte, um ihren 15 Jahre zuvor begonnenen Weg fortzusetzen. Sie hatte 12 Jahre lang für die kubanische Nationalmannschaft gespielt und an den mittelamerikanischen, panamerikanischen, vorolympischen und Weltmeisterschaften teilgenommen. Danach spielte sie vier Spielzeiten für Oderzo, die Stadt, in die sie nach ihrer letzten Saison als Linksverteidigerin des SSV Brixen Handball zurückkehrte. Nicht aber ohne im Mai 2022 die Meisterschaft der Serie A Beretta zu gewinnen.
Hat ihre aktive Karriere als Handballerin mit dem Italienmeistertitel für den SSV Brixen beendet: Arassay Duran Morens © Reinhold Eheim
Frauenfußball zieht mittlerweile ja durchaus auch etwas Aufmerksamkeit auf sich, wenn auch immer noch weniger als Männerfußball. Wie unterscheidet sich aber Frauenhandball von Frauenfußball?
Der Frauenfußball hat sich so stark entwickelt! Ehrlich gesagt, sehe ich lieber Frauen spielen als Männer, denn wir Frauen sind in allem stärker: Kinder bekommen und aufziehen, Krankheiten besiegen, mit der Menstruation kämpfen, immer nach vorwärtsschauen und niemals aufgeben. Das ist sehr wichtig, das ist Sport – und das gilt sowohl für Frauenhandball als auch Frauenfußball. Was alle Disziplinen gemeinsam haben, ist, dass man immer wieder kämpfen muss, und das mit viel Herzblut, wenn man gewinnen will. Und gewinnen, das ist für uns Frauen genauso wichtig wie für die Männer!
Bist du Feministin?
Frauen spielen eine immer wichtigere Rolle. In allen Bereichen werden wir stärker und unabhängiger. Früher waren wir unterwürfig und weniger „wert“ als Männer (oder wurden so hingestellt), aber mittlerweile hat sich das alles geändert. Trotzdem müssen wir als Frauen weiterkämpfen, um unsere Rechte, unsere Ideen, unsere Erfahrungen durchzusetzen, denn sie sind einfach zu wertvoll.
Du hast dich nach dem Italienmeistertitel mit dem SSV Brixen aus dem Leistungssport zurückgezogen und lebst nun wieder in deinem vorherigen Wohnort Oderzo. Was nimmst du aus deiner Zeit beim SSV Brixen mit?
Brixen habe ich mit einem Herzen voller Dankbarkeit verlassen. Mitgenommen habe ich den Sportsgeist, der unser Team auszeichnete, die sehr gute Organisation der Mitarbeiter*innen, die Begeisterung der Fans: Die ganze Stadt lebt ihre Leidenschaft für Handball und das hat mir gefallen. Diese Erfahrung hat mir viel Freude bereitet. Auch wenn ich wegen meines Sohnes nicht so viel unterwegs war, hat mir das wenige, was ich von Brixen gesehen habe, gefallen.
Wie hast du die Mentalität in Südtirol erlebt (Mitspielerinnen, soziales Leben, Fans)?
Das Leben in Südtirol ist sehr ruhig, genauso wie ich es mag. Im Winter gibt es nicht so viel Bewegung, aber im Sommer schon, und es ist eine sehr angenehme Region, sowohl wegen des gesellschaftlichen Lebens als auch wegen der Feierfreude – und des guten Essens. Ich hatte ein großartiges Verhältnis zu allen, die für den Handball lieben und leben.
Geballte Frauenpower beim Post-Match-Selfie © Arassay Duran
Welche sind die Herausforderungen, wenn man als Sportlerin Mutter wird? Ich kann mir vorstellen, dass das richtige Timing da eine große Rolle spielt – und in Zeiten einer Pandemie werden alle Pläne wieder zunichte gemacht. Wie hast du diese Zeit erlebt, gab es Rückschläge?
Mein Sohn wurde im April 2020 geboren. Bereits im August begann ich mit dem Training, Gott sei Dank ging alles gut. Sein Vater hat mir geholfen, wenn ich spielen gehen musste, dann war da seine Großmutter, seine Patentante, es gab auch einige Mütter in Brixen und ein sehr nettes Mädchen, das mir geholfen hat, indem es auf den Kleinen aufgepasst hat. Auf diese Weise konnte ich an den Trainings teilnehmen. Manchmal sind es die kleinen Dinge, die so viel ausmachen, und ich bin bis heute allen sehr dankbar für ihre Unterstützung.
Covid hat mich und meinen Sohn einmal getroffen, als ich in Oderzo spielte, und dann noch einmal in Brixen. Zum Glück haben wir die Infektionen ohne große Probleme überstanden.
Die neuseeländische Golferin Lydia Ko sorgte Anfang des Jahres mit ihrer ehrlichen Aussage zur Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit von Spitzensportlerinnen durch die Menstruation für Furore – und hat damit offensichtlich ein Tabuthema angesprochen. Was sind deine Erfahrungen diesbezüglich, wie wird in der weiblichen Südtiroler Sportwelt (in Italien generell) damit umgegangen?
Ja, ich erinnere mich, gelesen zu haben, was Ko gesagt hat. Ich denke, jede Frau hat ihren eigenen Stoffwechsel, ihren eigenen Rhythmus, und es stimmt, dass jede Frau anders auf, sagen wir mal, „typisch weibliche“ Herausforderungen reagiert. Das ist eine sehr intime und individuelle Sache, die ich recht gelassen sehe. Einigen von uns gibt die Periode tatsächlich einen zusätzlichen Schub, während andere geschwächt werden.
Du hast deine aktive Karriere mit dem gefeierten Sieg im Mai 2022 beendet. Wie sieht dein Alltag jetzt aus, was hast du für Pläne?
Ich habe meine Karriere so beendet, wie ich es wollte. Ich hätte gerne weitergemacht, aber meine Familie braucht mich. Körperlich bin ich gut in Form, aber das Spielen und die gleichzeitige Betreuung meines Kindes ist auch auf mentaler Ebene sehr anstrengend. Jetzt arbeite ich und bin Handballtrainerin für die U-15-Jugend von Oderzo.
Was möchtest du den sportinteressierten Mädchen, die uns lesen, mit auf den Weg geben?
Solange du die Kraft, den Willen und die Leidenschaft hast, Sport zu treiben, tu es! Es ist eine wunderbare Erfahrung voller Spaß, Energie, Mut, Entschlossenheit und vor allem eine Erfahrung, die uns auf das Leben von morgen vorbereitet. Ich möchte den Sportlerinnen aus Brixen und allen, die ihre Leidenschaft für den Handball leben, meinen Dank aussprechen und ihnen viel Glück wünschen!
Auch der Sohnemann ist stolz auf Mamas Auszeichnung als wertvollste Spielerin 2021. © Arassay Duran

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Das wird man doch wohl noch sagen dürfen

// Bettina Conci //
Klar hat das N-Wort ausgedient. Aber Sprache ist lebendig, Sprache ist vielfältig und besteht aus unzähligen Facetten. Und während in Deutschland diskutiert wird, ob es okay ist, wenn Kolumnistin Ferda Ataman auch nur überlegt, Deutsche ohne Migrationshintergrund „Kartoffeln“ zu nennen, ist die Debatte hierzulande (sprich: in Südtirol) noch nicht ganz so weit fortgeschritten. Hier eine kleine Hilfe für einen rassismuskritischen Gebrauch der deutschen Sprache – und gleichzeitig für korrektes Gendern!
PoC (People of Colour), Schwarze Menschen
Das Adjektiv „Schwarz“ wird dabei großgeschrieben, um zu verdeutlichen, dass es sich um eine gesellschaftliche und politische Verankerung der Bezeichnung handelt, nicht um die Beschreibung der Hautfarbe. Verpönt sind das N-Wort, die Bezeichnung „Farbige“ oder „Schwarzafrikaner*innen“.
Nord-, Süd- und Mittelamerika und Bezeichnungen einzelner Staaten
Ja, auch „Lateinamerika“ ist nicht korrekt, ebenso wenig wie der beschönigende Begriff „Neue Welt“, schließlich war die „Entdeckung“ (seufz) dieser Länder mit so einigem Blutvergießen, Versklavung und anderen abscheulichen Verbrechen verbunden. Auch so klangvolle Wörter wie „Dschungel“ (als Überbegriff für verschiedene, nicht genau benannte Vegetationszonen oder gar als Herkunftsort von Nicht-„Einheimischen“) oder „exotisch“ (als Bezeichnung für Menschen mit nicht-weißem Aussehen) entspringen einem Kolonialismus, der heute kritisch gesehen werden sollte – wie die Begriffe „Dritte Welt“, „Entwicklungshilfe“ oder „Bananenrepublik“ (ja, auch als Vergleich, denn die Bananen können nun wirklich nichts dafür).
Geflüchtete, Flüchtlinge, Migrant*innen, Zuwanderer
Statt „Ausländer*innen“ oder „Asylant*innen“. Auch die Bezeichnung „Gastarbeiter*innen“ sollte außerhalb des historischen Kontexts nicht mehr verwendet werden.
Deutsche, Österreicher*innen, Südtiroler*innen Italiener*innen, Ladiner*innen
Anstatt: „Ausländer*innen mit italienischem Pass“, „Passdeutsche*r“ oder ähnlicher Wortakrobatik. Sinti und Roma sind weder „Zigeuner“ noch „fahrendes Volk“. Diskriminierung beginnt sehr oft bei der Sprache. Und als Südtiroler*innen sollten wir besonders darauf achtgeben, das fängt bei den verschiedenen abwertenden Bezeichnungen für Angehörige einer bestimmten Sprachgruppe an – auf beiden Seiten.
Muslim*a (oder Muslim*innen)
Auf keinen Fall natürlich „Mohammedaner*innen“ oder gar „Muselmänner“ (so veraltet, dass es „Muselfrauen“ als Äquivalent für das weibliche Geschlecht gar nicht gibt), letzterer übrigens ein Begriff, der eine spannende Google-Reise wert ist. Aber wussten Sie, dass junge Angehörige des Islams auch die Bezeichnung „Moslem*in“ ablehnen und Wert auf die Bezeichnung mit den Vokalen u und i legen?
…ach ja, und noch ein friendly reminder:

Bitte nicht von „Rasse“ sprechen. Es gibt keine menschlichen Rassen. Angehörige einer bestimmten Völkergruppe werden auf Wikipedia zwar noch als „Ethnie“ bezeichnet, aber sogar dieser Begriff ist mittlerweile negativ behaftet, weil rassistisch verwendet. Besser, man spricht ganz allgemein von einer Gesellschaft.

Buch- bzw. Hörbuchtipp: Tupoka Ogette, „Exit Racism“ (www.exit-racism.de)