Best-Off mit Plädoyer

Arztbesuch: Jung, weiblich und unglaublich genervt

// Hannah Lechner //
Es gibt Situationen, in denen wird mensch gern ernst genommen und respektvoll behandelt – dazu gehört aufgrund der oft sensiblen Ausgangslage und ohnehin schon bestehenden Hierarchie der Besuch bei Ärzt*innen. Dass das, besonders für junge, weiblich gelesene Personen*, nicht immer so selbstverständlich ist, ist nichts Neues. Ein Best-Off mit Plädoyer.
Platz 3: Orthopäde
Rückenschmerzen, antworte ich vor ein paar Jahren auf die Frage des Orthopäden, warum ich denn hier sei. Bevor ich genauer werden kann, sieht er mich leicht spöttisch an und fragt: Wie kann ein 13-jähriges Mädchen schon Rückenschmerzen haben? Ich bin 23 und hab mir bei einem Unfall zwei Wirbel gebrochen, sage ich – ein Blick in meine Akte bestätigt das, entschuldigen tut er sich nicht. Naja, in Sportkleidung und seit du kurze Haare hast, siehst du halt besonders jung aus, höre ich später. Und ich merke mir: Die Kombination aus Jogginghosen, kurzen Haaren und meinem Babyface verträgt sich offensichtlich nicht damit, ernst genommen zu werden.
Platz 2: Hausarzt
Meine Haare wachsen wieder und ich trage Jeans als ich ein paar Jahre später die Praxis eines Allgemeinmediziners betrete und mich dieser mit einer Mischung aus „Lieber-Onkel-Blick“ und leicht von oben herab anschaut wie ein Kind, das sich zum allerersten Mal ganz allein zum Arzt traut. Na was ist denn mit dir los?, fragt er mit zum Blick passender Stimme. Ich kenne SIE nicht und SIE mich nicht, denn ich bin hier gerade zum ersten Mal, ich fühle mich beschissen und außerdem bin ich mittlerweile 26, habe meinen Mietvertrag selber unterschrieben, ein abgeschlossenes Studium und will hier einfach nur wie eine erwachsene Person behandelt werden!!!, schreit es in mir. Stattdessen beschreibe ich kleinlaut meine Symptome. Später verfluche ich das Fieber, das meine „süßen“, runden Backen rot und mich damit offensichtlich noch jünger macht und beschließe, Behandlungsräume von nun an nur noch in hohen Schuhen zu betreten und mit einem Schild um dem Hals, auf dem mein Geburtsdatum steht.
Platz 1: Stopp und Spaß beiseite
Denn das Problem sind weder kurze Haare noch „süße“ Backen. Das Problem liegt nicht bei mir, sondern bei Menschen, die eine junge, weiblich gelesene Person sehen und im selben Moment allen Respekt aus dem Fenster zu werfen scheinen. Naja, denken sich jetzt vielleicht einige, ist ja alles halb so schlimm. Das kann jungen Männern genauso gut passieren. Aber: Das hier ist nur die Spitze des Eisbergs – zwei Anekdoten, die mit ironisch verstellter Stimme erzählt schon für einige Lacher beim Biertrinken mit Freund*innen gesorgt haben. Und dann gibt es noch Geschichten, in denen die Protagonistinnen – und ich verwende hier bewusst die weibliche Form, denn solche kenne ich zuhauf von Freundinnen und nicht von Freunden – unter weit „heikleren“ und erniedrigenderen Umständen für ein bisschen Respekt im Behandlungszimmer kämpfen mussten als „nur“ mit schmerzendem Rücken oder einer Grippe. Eine Freundin etwa, der nach langer, schwerer Krankheit erklärt wurde: „Ma signorina, il fidanzato non si trova rimanendo a letto.“ Ich frage mich: Was ist so schwer daran, einer Person das Gefühl zu geben, dass sie ernst genommen wird – vorbehaltlos und unabhängig vom ihr zugeschriebenen Alter und Geschlecht?
* Anmerkung: Ich schildere hier Erfahrungen aus meiner Perspektive als Frau, die sich als solche identifiziert und auch gelesen – das heißt von außen als solche wahrgenommen/kategorisiert/anerkannt – wird. Identifizieren sich Menschen nicht mit dem Geschlecht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde oder wird ihre Geschlechtsidentität von außen nicht anerkannt, kann das gerade in medizinischen Kontexten zu wieder anderen Erfahrungen führen, die ich nicht mache.

Chicche di cultura

The wom power. La guida per essere te stess*

// Linda Albanese //
AA VV (autori vari), in libreria per Mondadori Electa.
© Mondadori Electa


Nato sul web per mettere al centro i valori di diversità e inclusione, il media brand digitale “The Wom” compie un anno e diventa anche un libro. Un manuale per imparare ad essere completamente se stess*, esprimendo la propria vera personalità e i propri valori, a dispetto di ogni pregiudizio e preconcetto. Sei capitoli di storie e testimonianze che ogni giorno il brand digital condivide con la propria community. Come protagonist* del libro, persone che hanno ritrovato nelle loro unicità la loro forza, diventando così un punto di riferimento per chiunque cerchi la propria strada, soprattutto per le nuove generazioni, spronandole a vivere con coraggio, condividendo esperienze, sensazioni e valori. "Tante volte non ci sentiamo rappresentati, vediamo questa società sempre un po' stereotipata, questa bellezza irraggiungibile, e invece dobbiamo sentirci rappresentati, uscire da questa paura di non sentirci all'altezza" dice Benedetta De Luca, Gender & Inclusion editor di “The Wom”.