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Don’t call them Quotenfrauen

// Bettina Conci //
Kaum hatte die Debatte über Frauenquoten begonnen (das war in den Achtzigern), wurde der Begriff „Quotenfrau“ auch schon negativ besetzt. Im Jahr 2021, in dem sich Frauen vom Kaliber einer Kamala Harris oder Ursula von der Leyen selbst so bezeichnen, ist es Zeit, der negativen Konnotation des Begriffs den Kampf anzusagen.
50:50 auf allen Ebenen: Ein Traum, der nicht so unrealistisch ist, wie man uns weismachen will. © Unsplash / Brooke Lark
Quotenfrauen steigern den Erfolg eines Unternehmens. Kritische Stimmen halten dem entgegen, dass es keine eindeutigen Beweise für diese These gibt, woraufhin Befürworterinnen und Befürworter der Frauenquote einräumen, dass ein hoher Frauenanteil und höhere Gewinne vielleicht nur zufällig Hand in Hand gehen, es aber genügend andere schlagkräftige Argumente für eine verpflichtende Frauenquote in der Wirtschaft gibt (wie sie in Italien seit 2012 in Kraft ist, zumindest für börsennotierte Unternehmen und Firmen mit staatlicher Beteiligung).
Laut einer Studie der Boston Consulting Group aus dem Jahr 2020 haben Unternehmen mit diversen Führungsteams eine 9 Prozent höhere Gewinnmarge und einen 20 Prozent höheren Umsatzanteil durch Innovationen als ihre Mitbewerber mit höherem Männeranteil. Eine „Mixed Leadership“ mit mindestens 30 Prozent Frauenanteil führt laut verschiedenen Langzeituntersuchungen zu einer höheren Leistung einer Organisation als Ganzes. Die Gründe dafür: Einbringung verschiedener Perspektiven, Steigerung der Gruppenintelligenz, bessere Arbeitskultur, genauere Vorbereitung, besseres Risiko-, Krisen- und Kommunikationsmanagement.
Frauen sind nicht schlechter qualifiziert oder weniger mutig und redegewandt
Auch das Argument, qualifizierte weibliche Arbeits- und vor allem Führungskräfte seien so schwer zu finden, ist hinfällig, wenn man sich die Zahlen der Personen mit Hochschulabschluss anschaut. In Deutschland haben die Frauen in allen für Führungspositionen in großen Unternehmen relevanten Fächergruppen (außer Ingenieurwissenschaften) mit 52 Prozent die Nase vorn. In Italien waren im Jahr 2019 57 Prozent der Uni-Abgängerinnen weiblich. Interessant dabei: Schaut man sich die Karrieren innerhalb des Universitätsbetriebs an, schaffen es selbst dort nur wenige Frauen nach ganz oben: Von den ordentlichen Professoren waren 2018 laut der Plattform scienzainrete.it nur mehr 24 Prozent Frauen.
Und hier liegt auch schon die Wurzel des Übels: Frauen sind nicht schlechter qualifiziert, schlechter organisiert oder weniger mutig und redegewandt. Sie sehen sich auf ihrem Weg auf der Karriereleiter nur mit mehr Hindernissen konfrontiert als Männer. Und dazu muss man nicht einmal die Totschlagargumente Kinder, Haushalt und Pflege anführen. Es gibt auch subtilere Knüppel, die man uns in den Weg legt. So zeigt eine 2018 veröffentlichte Harvard-Studie Missstände wie die bewusste Ausgrenzung von Frauen von wichtigen Informationsnetzwerken, härtere Bestrafung für Fehler und geringe Förderung von Frauen innerhalb der Unternehmen auf. Und in der Politik?
Gesetzesentwurf für eine Frauenquote auf Gemeindeebene
In den Parlamenten sämtlicher Mitgliedsstaaten der EU überwiegen die Männer. Einige Länder wie Italien, Frankreich und Portugal haben in den vergangenen 15 Jahren dank einer Quotenregelung aufgeholt, sind aber immer noch ziemlich weit entfernt von den skandinavischen Ländern, welche die Rangliste anführen (Tabellenführer Schweden sogar ohne Quote). Nicht einmal im EU-Parlament werden die 50 Prozent erreicht.
Schaut man sich an, wie es in Südtirol aussieht, ist das Ergebnis ernüchternd. Im Landtag ist der Frauenanteil seit den letzten Wahlen von elf auf neun geschrumpft. Eine Frauenquote nach dem Modell der Landtagswahlen wird nun auch für die Gemeinderatswahlen gefordert. Dazu haben die Grünen einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der auf die vergangene Legislaturperiode zurückgeht und endlich, nach langem Hin und Her, im September im Regionalrat behandelt werden soll. Der Zuwachs an Frauen, allen voran was das Amt der Bürgermeisterin betrifft, war zuletzt alles andere als berauschend.
Vielleicht sollten wir uns in Südtirol ein Beispiel an der deutschen Gleichstellungsinitiative ProQuote nehmen, welche die 50-Prozent-Quote an Frauen in journalistischen Organisationen fordert. Diese hat nämlich den Hashtag #ReframingQuotenfrau ins Leben gerufen, unter dem der Begriff „Quotenfrau“ in den sozialen Medien positiv besetzt werden soll.
Sind Sie eine Quotenfrau?
Brigitte Foppa © Manuela Tessaro
Brigitte Foppa, seit 2013 Grünen-Chefin im Südtiroler Landtag: „Natürlich bin ich eine Quotenfrau. Ohne die zweite Vorzugsstimme, die wir vor sieben Jahren parteiintern eingeführt haben, wäre ich nicht zur Spitzenkandidatin gewählt worden und nicht in den Landtag eingezogen. Die Bezeichnung Quotenfrau hat mich während der ganzen Kampagne und auch in der ersten Zeit im Landtag verfolgt. Mittlerweile hat sich das gelegt. Die abwertende Bezeichnung finde ich immer noch schrecklich.“
Jasmin Ladurner © Elisabeth Prieth
Jasmin Ladurner, seit 2018 Landtagsabgeordnete der SVP: „Ich glaube, auch in der Politik braucht es die Quotenregelung, damit wir als Frauen die kritische Masse erreichen. Schrieben die Listen nicht einen Frauenanteil von (immerhin!) einem Drittel vor, säße sicher nicht ich im Landtag, sondern ein Mann. Persönlich finde ich, dass Frauen selbstbewusster mit dem Begriff der Quotenfrau umgehen sollten. Damit er in Zukunft positiv besetzt ist, damit eine Quote irgendwann überflüssig ist, und um den Weg für unsere Töchter und Enkeltöchter zu ebnen.“
Warum es eine Frauenquote braucht © Bettina Conci



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Raus aus der Komfortzone

// Sabina Drescher //
Sie sind erfolgreich – und weiblich. Sechs Südtirolerinnen aus Politik, Wirtschaft und Sport erzählen, wie sie es an die Spitze geschafft haben.
Nur rund ein Viertel der gehobenen Führungspositionen sind weltweit von Frauen besetzt. Die, die es nach oben schaffen, sind also rar. Die Wissenschaftlerin Bettina Al-Sadik-Lowinski hat 110 dieser Frauen aus fünf Ländern – Deutschland, Frankreich, Russland, China und Japan – befragt: Was sind ihre Erfolgsrezepte? Welchen Hindernissen mussten sie sich stellen? Und welche Sprungbretter konnten sie nutzen? Die Erkenntnisse ihrer Befragung schildert sie in ihrem Buch Der Aufstieg der Topmanagerinnen, das 2020 bei De Gruyter erschienen ist.
Die fünf Wirtschaftsnationen wählte Al-Sadik-Lowinski an der Spitze, im Mittelfeld und am unteren Ende des Weltrankings der Beteiligung von Frauen an Topführungsfunktionen aus (Women in Business, Thornton 2018).
Unter anderem stellte die Wissenschaftlerin fest, dass es zahlreiche Unterschiede zwischen den Ländern gibt. So ließen sich Russinnen unterschätzen, um am Ende mit ihrer Sachkompetenz Männer zu übertrumpfen, während Französinnen Situationen direkt angingen und bei Konflikten sofort angreifen würden, erklärt Al-Sadik-Lowinski gegenüber der Wirtschaftswoche. Chinesinnen würden durch extreme Flexibilität als Führungskräfte bestechen und durch ihre Fähigkeit, zwischen den Kulturen zu wandern. Die Japanerinnen seien leiser, aber sehr willensstark und innerlich frei. Sie wüssten genau, was sie wollen und würden sich dafür allen sozialen Normen entgegenstellen. Deutsche Topmanagerinnen seien überaus kompetent, aber manchmal etwas zögerlich.Neben diesen Unterschieden gibt es aber auch Gemeinsamkeiten, die darauf hindeuten, dass einige Zutaten für eine erfolgreiche Frauenkarriere weltweit gleich sind. Was Frauen an der Spitze auszeichnet, sind:
unbedingter Erfolgswille,
eine sportliche Einstellung zum Wettbewerb,
eine hervorragende Ausbildung,
bewusste Karriereplanung und
ein von gesellschaftlichen Normen unbeirrter beruflicher Aufstieg,
ein starkes Netzwerk sowie
hohe Flexibilität und
Veränderungsbereitschaft.
„Diese Frauen warten nicht darauf, dass sich Unternehmensumfelder ändern. Sie treffen bewusst eine Unternehmensauswahl und gehen direkt dahin, wo sie ihre Chancen sehen. Herausforderungen nehmen sie positiv an und Rückschläge begreifen sie als Lernchance“, sagt Al-Sadik-Lowinski in einem Interview mit der Wirtschaftswoche.
In Anlehnung an ihre Arbeit haben wir uns bei erfolgreichen Südtirolerinnen umgehört: Wie lautet ihr Erfolgsrezept? Welchen Hindernissen mussten sie sich stellen? Gibt es einen Fehler, aus dem sie besonders viel gelernt haben? Welcher Ratschlag war der beste, den sie bisher bekommen haben?
Marlies Dabringer, Geschäftsführerin bei Dabringer
Ich bin pflichtbewusst, kontaktfreudig und zielorientiert, habe Freude an der Arbeit und ein gutes Durchhaltevermögen.
Wenn mir jemand etwas nicht zugetraut hat, war das für mich ein Ansporn.
Aus Fehlern zu lernen, das habe ich bis heute versucht. „Fehler passieren, aber denselben Fehler sollte man möglichst nicht zweimal machen“, hat mein erster Chef zu sagen gepflegt.
Ratschläge können nützlich sein, aber letztendlich muss man eine Entscheidung treffen und dazu stehen. Grundsätzlich finde ich es besser selbst die Erfahrungen zu machen, da sie uns nachhaltig prägen.
Waltraud Deeg, Landeshauptmann-stellvertreterin
Meine berufliche Laufbahn fußt auf einer soliden Ausbildung. Besonders wichtig ist es, offen zu sein und Herausforderungen anzunehmen, auch wenn man nicht immer sicher ist, ob man es schafft. In derartigen Momenten muss man die eigene Angst überwinden und sich aufs Positive konzentrieren.
Manchmal scheitert man aber auch an den eigenen Ansprüchen. Ich selbst musste lernen, dass ich nicht immer alles zu 100 Prozent perfekt machen kann: spätestens als ich mit Mitte 20 Mutter wurde, gerade das Anwaltspraktikum absolvierte und einen Pflegefall in der Familie mitversorgte.
Debora Vivarelli, Tischtennis-Olympionikin
Das oberste Gebot, um erfolgreich zu sein, lautet für mich Konstanz. Ich habe viele Jahre hart für meine Ziele trainiert. Ohne meine Familie und meinen Partner hätte ich es aber nicht geschafft, sie zu erreichen. Sie haben alles für mich getan und waren immer an meiner Seite.
Wenn es Probleme gab, etwa eine Verletzung, bin ich danach meist stärker zurückgekommen. Durch derartige Hindernisse habe ich gelernt, was es heißt, die Zähne zusammenzubeißen.
Eines würde ich allerdings anders machen, und zwar würde ich mehr darauf achten, mich nicht von den falschen Menschen betreuen zu lassen.
Anna Ganthaler, Abteilungsleiterin bei TUI
Mein Erfolgsrezept besteht darin, konstante Leistung zu erbringen. Dagegen kann hart argumentiert werden, selbst wenn die Person jung und noch dazu weiblich ist. Weitergeholfen hat mir auch, dass ich ganz natürlich Verantwortung und Führung übernehme, wenn ich in einer Gruppe bin. Dazu kommen Fleiß und die Bereitschaft, viel zu investieren. Natürlich sollte der Spaß an der Sache nie verloren gehen, denn dann könnte man keine 100 Prozent mehr geben.
Einen Tipp, der mir immer mal wieder weitergeholfen hat, war in der Zusammenarbeit mit anderen darauf zu achten, meinem Gegenüber Antworten auf die Frage zu liefern: What’s in it for me?
Dorotea Mader, Gründerin von HUMAN&HUMAN
Ich habe nie auf eine bestimmte Position abgezielt, sondern mich auf meine Arbeit konzentriert. Weil ich die mit Überzeugung, Herzblut und Leidenschaft gemacht habe und noch immer mache, war ich dabei besonders authentisch – und dadurch erfolgreich.
Das Gefühl, als Frau weniger Chancen zu haben, kenne ich nicht, das liegt wohl an der Unternehmenskultur, die ich in der Schwarz-Unternehmensgruppe kennenlernen durfte. Mein Mentor dort hat mir mitgegeben, mich nicht in Kleinigkeiten zu verlieren. Think big. Traue dich aus deiner Komfortzone raus. Man muss eine Vision haben und versuchen, das Maximum zu erreichen, sonst bleibt man in der Mittelmäßigkeit stecken.
Patrizia Gufler, Software-entwicklerin
Ich denke, zu meinem Erfolg trägt vor allem meine Kontaktfreudigkeit bei. Ich habe kein Problem damit, Leute direkt anzusprechen. Zugleich teilen sich andere mir gerne mit. Am liebsten tausche ich mit Menschen aus, von denen ich etwas lernen kann. Es heißt nicht umsonst, man sei der Durchschnitt der fünf Menschen, mit denen man die meiste Zeit verbringt.
Aus einer Episode zu Beginn meines Studiums habe ich zudem gelernt, dass ich mir meine Grenzen nur selbst setzen kann. Ein Kommilitone sagte zu mir, mit meinen geringen Vorkenntnissen würde ich es nie schaffen. Er hatte unrecht.
Ein weiterer Schlüsselfaktor ist in meinen Augen die Neugierde.