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Können vor Quote

// Sabina Drescher //
Es muss endlich egal sein, welches Geschlecht ein Mensch hat, wenn es darum geht, Posten in Wirtschaft und Politik zu besetzen.
Damit mehr Frauen es schaffen, die gläserne Decke zu durchbrechen, müssen die richtigen Hebel in Bewegung gesetzt werden. © istockphoto
Nehmen wir an, es gäbe einen Ort, an dem Frauen im Top-Management zu besseren Gewinnen führen. An dem Frauen erfolgreiche Start-ups gründen. An dem Frauen in der Politik kooperativer führen, stärker auf Diversität achten und risikoaverser handeln.
Nun ist es so, dass es diesen Ort tatsächlich gibt. Eigentlich handelt es sich um eine Vielzahl von Orten, wichtig ist, dass sie allesamt im Hier und Jetzt zu finden sind, vor allem auch in westlichen Industrienationen. Studien belegen die genannten Annahmen, die in den Ohren mancher utopisch klingen mögen. Dennoch fehlen in den Führungsriegen der großen Unternehmen Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts. Und obwohl einer Studie der Boston Consulting Group zufolge Gründerinnen pro investiertem Dollar 78 Cent erwirtschaften, Gründer hingegen 31 Cent, gründen Frauen deutlich seltener als Männer und bekommen obendrein meist weniger Kapital, wenn sie es doch wagen.
Dieser Zustand ist nicht nur unfair, sondern auch wettbewerbsschädigend – für Südtirol, für Italien, für die gesamte Europäische Union. Uns gehen unzählige schlaue Köpfe verloren, genauso viele Ideen, die vielleicht das Potenzial hätten, die Welt zu verändern. Langfristig können wir nur mithalten, wenn alle mitmachen (wollen, können, dürfen), nicht nur eine Hälfte der Gesellschaft.
Wir brauchen Macht – und wir verdienen sie
Im EU-Gleichstellungsindex 2020 liegt Italien auf Platz 14 (63,5/100 Punkten). In anderen Worten: Die Gleichstellung zwischen Frauen und Männern ist hierzulande noch nicht einmal zu zwei Dritteln verwirklicht. Am meisten Handlungsbedarf besteht im Bereich „Macht“ (48,8/100 Punkten). Nur ein Drittel der Minister ist weiblich, ebenso ein Drittel der Parlamentsmitglieder. Auf regionaler und lokaler Ebene schaut es noch schlechter aus. Der Anteil weiblicher Vorstandsmitglieder in der Privatwirtschaft, dem Bankensektor, öffentlichen Rundfunk und in nationalen olympischen Sportorganisationen schwankt zwischen 13 und 37 Prozent.
Das Leid von zu wenigen Frauen in Spitzenpositionen kann jedoch nicht allein durch eine Quote kuriert werden, denn sie lindert nur Symptome, ohne Ursachen zu bekämpfen. Besser wäre es, die richtigen Hebel in Bewegung zu setzen, um Frauen – und Männer – von Anfang an in ihrer Karriere zu unterstützen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern.
Frauen verdienen Macht und Zugänge, Ressourcen, Gelder und alles andere, was für die meisten Männer selbstverständlich ist, aber nicht wegen irgendeiner Quote, durch die Kompetenzen und Engagement in den Hintergrund gedrängt werden, sondern wegen ihres Könnens. Gleichberechtigung herrscht erst, wenn das Geschlecht wirklich keine Rolle mehr spielt und jemand nur weiterkommt im Leben, weil sie oder er etwas besser kann als andere.
Uns sollte klar sein, dass Gleichberechtigung sich kaum durch Gesetze erzwingen lassen wird. Vielmehr müssen wir den nächsten Generationen neue Ansätze mitgeben, um sie so in unsere Gesellschaft zu tragen und sie dort zu verankern.

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Kolumne – Powerfrau und Softie-Mann

// Alexandra Kienzl //
Hosenanzug, verschränkte Arme – so stellen sich wohl viele von uns eine „Powerfrau“ vor. © Unsplash / Christina wocintechchat.com
Machen wir einen kleinen Test: Sie schließen die Augen, und ich flüstere Ihnen das Wörtchen „Powerfrau“ ins Ohr. Was sehen Sie? Ich als erstes eine natürlich in einen Hosenanzug gewandete Businessfrau, die Arme verschränkt, vielleicht vor einer Glasfassade, Mitglied in mehreren Vorständen, die kräftig mitmischt in der Männerwelt. Als nächstes taucht dann unweigerlich ein Duracell-Hasl vor meinem geistigen Auge auf, ja genau, die mit der nervigen Trommel, oder eine an einen Generator angeschlossene Frau, die ohne Unterlass tut und schafft und dabei lächelt. Ja, es sind ermüdende Bilder. Dabei ist das Wort „Powerfrau“ zweifellos als Kompliment gedacht. Es wird anerkennend genutzt für Frauen, die, man muss es leider so formulieren, „ihren Mann stehen“, indem sie Durchsetzungsvermögen, Ausdauer, Tatkräftigkeit an den Tag legen, also lauter Eigenschaften, die traditionell männlich konnotiert sind. Dass das als schmeichelhaft empfunden wird, konnte man an der Facebook-Aktion „Powerfrauen vor den Vorhang!“ sehen, bei der Frauen begeistert ihre Freundinnen für eben diesen Titel nominierten und feierten.
Dabei hat der Begriff etwas höchst Unangenehmes. Schauen wir ihn uns mal grammatikalisch näher an. (Bitte nicht aussteigen jetzt, wird halb so wild). „Powerfrau“ ist, so wie „Graukäse“, „Himbeersaft“ oder „Mistkäfer“, ein sogenanntes Determinativkompositum, was nichts anderes bedeutet, als dass es aus zwei Wörtern zusammengesetzt ist, und das erste Wort das folgende näher bestimmt. Graukäse ist also die Art Käse, vor der einem graut, Himbeersaft der spezielle Saft aus Himbeeren, der Mistkäfer ein Käfer, der sich vorzugsweise mit Mist abgibt. Was für die „Powerfrau“ bedeutet, dass wir es hier mit einer Frau zu tun haben, die „Power“, also Kraft hat. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass das nicht von allen Frauen behauptet werden kann, nein: Es zeichnet eben gerade diese Art von Frauen aus. Hmpf. Als nächstes drängt sich frau da die Frage auf, weshalb es eigentlich das Wort „Powermann“ nicht gibt. Gibt es etwa keine Powermänner oder ist das Wort überflüssig, weil, im Unterschied zu den Frauen, jeder Mann quasi gottgegeben mit ebendieser „Power“ gesegnet ist? Beides eher unwahrscheinlich. Für Männer werden eher die Begriffe „Macher“ oder „Tausendsassa“ gebraucht, die beide keinen expliziten Hinweis aufs Geschlecht enthalten, während die Frauen eben „Powerfrauen“ sind: Frauen, die trotz ihres Geschlechts, so scheint es, etwas drauf haben. Nochmal hmpf.
Dabei hat gerade die Facebook-Aktion gezeigt, wie viele solcher „Powerfrauen“ es eigentlich gibt. Jede und jeder kennt welche, jeder und jedem fallen auf Anhieb Frauen ein, die engagiert sind, leistungsstark, sei es im Job oder in der Fürsorgearbeit oder nicht selten in beidem zugleich, die ihren Weg gehen, die sich nicht unterkriegen lassen, die sich immer wieder behaupten müssen, weil wir halt immer noch mit Stereotypen zugekleistert werden. Die „Powerfrau“ ist also keine Ausnahmeerscheinung. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, die meisten Frauen sind Powerfrauen, womit der Begriff eigentlich hinfällig ist. Es ist ein Überbleibsel aus einer Zeit, in der das patriarchalische Narrativ vom „schwachen Geschlecht“ noch Konsens war, obwohl die Realität stets das Gegenteil bewies. Grund genug, es in den Mülleimer der ausgedienten Sprachhülsen zu treten. Wohin man übrigens auch getrost das Wort „Softie-Mann“ verbannen könnte. Der „Softie-Mann“, meinetwegen auch „Schlappi-Mann“ oder „Warmduscher-Mann“ wäre nämlich das Pendant zur „Powerfrau“: Ein Mann, den entgegen der vorherrschenden Vorstellungen von Männlichkeit Einfühlungsvermögen, Zartheit, Aufopferungsbereitschaft auszeichnen. Dass diese „typisch weiblichen“ Eigenschaften in ihrer Zuschreibung an einen Mann als weitaus weniger ehrenhaft empfunden werden als die „Power“ zur Frau, erkennt man übrigens auch daran, dass mir eine „Softie-Männer vor den Vorhang!“- Challenge auf Facebook noch nicht untergekommen ist. Schade, weil’s ebenso Eigenschaften sind, auf die man(n) stolz sein kann.