Editorial

Macht

Am 16. September begehen wir in Südtirol den Tag der Chancengleichheit. Zu diesem Anlass haben wir uns entschieden, das Thema „Macht“ in den Fokus zu rücken. Macht ist einer von sechs zentralen Bereichen, die als Grundlage für den EU-Gleichstellungsindex dienen – neben Arbeit, Geld, Wissen, Zeit und Gesundheit. Eine mögliche Definition dazu, was Macht eigentlich ist, liefert Wirtschaftscoach und Macht-Expertin Christine Bauer-Jelinek: „Es geht darum, was ich will, und darum, was jemand dagegen hat. Macht ist das Vermögen, seinen Willen gegen einen Widerstand durchzusetzen.“
Im Interview mit ëres verrät Bauer-Jelinek, welche Mechanismen auf dem Weg zum Erfolg wirken. Ebenfalls zum Gespräch eingeladen haben wir die Journalistin, Moderatorin und ehemalige EU-Parlamentarierin Lilli Gruber, die wohl zu den mächtigsten Frauen Italiens zählt.
Ich wünsche Ihnen eine angenehme Lektüre.
Sabina Drescher, Chefredakteurin

Vorworte

Ulrike Oberhammer, Präsidentin

In Sachen Gleichberechtigung hat es durchaus Fortschritte gegeben. Dennoch lassen sich immer wieder Rückschritte beobachten: Altersarmut, sexistische Gewalt, weniger Lohn und Schwierigkeiten bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Frauen haben immer noch weniger Einfluss in Gesellschaft und Politik. An den wichtigen Tischen saßen, besonders zu Beginn der Coronakrise, fast ausschließlich Männer. Das zeigt, wie tief in der westlichen Kultur die Mechanismen verwurzelt sind, die Frauen zum Schweigen verurteilen, die verhindern, dass Frauen ernst genommen werden, und die sie aus den Machtzentren (Politik und Machtpositionen) ausschließen. Das tut keiner Gesellschaft gut.
Frauen, die ihre Stimme erheben, sind häufig Beleidigungen und Angriffen ausgesetzt, besonders durch Onlinemachos, die in den sozialen Medien ihr Gift versprühen, und glauben, sie seien der Nabel der Welt.
Wie schnell Errungenschaften und ein freies Leben für Frauen unmöglich wird, zeigt sich gerade in Afghanistan, wo viele Frauen von massiver Gewalt und Terror bedroht sind. Wir fordern, dass die internationale Gemeinschaft durch ein rasches und entschiedenes Engagement Frauen, Mädchen und Kinder vor Gewalttaten schützt.