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Kolumne – Latzhose und Achselhaar
// Alexandra Kienzl //
„Ich bin Feminist*in!“: Wieso geht das vielen nur schwer über die Lippen?
„Du bist doch für die Gleichberechtigung?“, fragte ich neulich beim Fernsehen meinen Mann. „Natürlich“, meinte er. „Also bist du Feminist?“ „Was ich? Äh nein, weiß nicht“, war die verwirrte Antwort. Was Wunder. Wenn sich viele Frauen schon schwertun, sich mit dem Begriff zu identifizieren, wie muss es dann erst den Männern gehen? Dabei steht er doch genau für das: Die Gleichstellung, Gleichbehandlung, Gleichberechtigung der Geschlechter. Welcher einigermaßen aufgeklärte Mensch könnte da etwas dagegen einzuwenden haben? Leider aber ist eine Welt, in der Mann und Frau dieselben Chancen und Möglichkeiten haben, nicht immer das erste Bild, das sich einem auftut, wenn sich jemand als „Feminist“ betitelt. Vielmehr hängen dem Begriff noch immer die alten (und meist falschen) Klischees an: Jene der männerhassenden Latzhosenträgerin, die ihre Körperhaare ungehindert sprießen lässt, hobbymäßig BHs verbrennt und auch sonst generell eher anstrengend und unansehnlich ist. Ich kann es einem Mann nicht übel nehmen, dass er sich vor Freunden mit diesen Assoziationen schwertut. Ich kann auch Frauen verstehen, denen dieses Bild zu unsexy und zu spröde ist. „Feminismus ja, aber einen coolen bitte“, meinte unlängst eine Freundin. Dabei schulden wir den „spröden“ Frauen in Latzhosen uneingeschränkten Respekt: Sie haben uns den Weg geebnet, ihre Angriffslust und ihre Aufmüpfigkeit gegen Schönheitsideale waren damals in genau dieser Form bitter nötig. Nichts hindert uns daran, den Begriff jetzt neu zu definieren und auf unsere Bedürfnisse anzupassen – und ihn eben auch für Männer selbstverständlich werden zu lassen. Als Mitstreiter sind sie uns unentbehrlich, das ist mittlerweile klar.Vor zwanzig Jahren saß ich mit einem jungen Mann im Proseminar, der sich als Feminist outete. Von uns, seinen Kommilitoninnen, erntete er dafür wenig Applaus, dafür skeptische Blicke: Ein Mann? Feminist? Geht das überhaupt? Oder will der sich bloß einschleimen? Höchst verdächtig. Heute denke ich: Respekt, der hat damals besser verstanden als wir, worum es eigentlich geht. Und wäre heute in guter Gesellschaft: Vorwiegend junge Männer haben heute kein Problem mehr damit, sich „Feminist“ zu nennen. Und auch unser Landeshauptmann bezeichnet sich übrigens, was viele nicht wissen, ganz selbstverständlich als solchen. (Vielleicht wäre hier ein öffentlicher Auftritt in einem entsprechenden T-Shirt mal ganz dienlich). Weil die Männer verstanden haben, dass eine gerechte Gesellschaft, eine Abschaffung der überholten Rollenbilder auch ihnen zugutekommt, auch ihnen neue Handlungsspielräume und Identifikationsmöglichkeiten eröffnet. Im Grunde bekämpfen wir mit dem Patriarchat ja einen gemeinsamen Feind, und natürlich könnte sich die Bewegung auch „Anti-Patriarchalismus“ nennen. Das wäre aber erstens etwas sperrig („Ich bin übrigens Anti-Patriarchalist*in“), passt zweitens kaum auf ein T-Shirt und richtet drittens den Blick auf das Dagegen-Sein. Viel schöner ist es doch, zu betonen woFÜR man eintritt, und das ist in diesem Fall nun einmal vorrangig die Aufwertung der feminae, der Frauen. Es wäre daher auch kontraproduktiv, den Begriff einzumotten und durch einen weniger spezifischen, nicht auf das Geschlecht bezogenen zu ersetzen, weil er damit zu beliebig würde, seine wertvolle Geschichte verlöre und wir noch lange nicht so weit sind, sagen zu können: Okay, wir Frauen haben jetzt alles erreicht, wir brauchen kein besonderes Augenmerk mehr.
„Ich bin Feminist*in.“ Je mehr von uns das ganz offen und selbstbewusst von sich behaupten, egal welchen Geschlechts, Alters oder Herkunft sie sind, umso mehr geraten die Latzhosen und Achselhaare in den Hintergrund und machen Platz für eine neue Selbstverständlichkeit. Und wenn auf die Worte dann auch noch Taten folgen, dann hat hoffentlich niemand mehr einen Grund, auf das Attribut nichts als stolz zu sein.