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Kolumne | Zuig, zuig, zuig
// Alexandra Kienzl //
Frauen, die Gatekeeper des Haushalts: Lassen wir kein Zeugs mehr rein
Neulich öffnete ich ein Kästchen um etwas zu verstauen, zweifellos Kinderspielzeug, und ich hätte es besser nicht getan: Mir flutete eine Masse an Firlefanz entgegen, ein Maelstrom aus Bügelperlen, Malbüchern, Puzzleteilen, Bestandteilen irgendwo versickerter Kinderspiele, und vielleicht war sogar das Bernsteinzimmer darunter. Ich schaffte es nicht, die Türen des Kästchens rechtzeitig wieder zu schließen, eine Strategie, die ich offensichtlich in der Vergangenheit erfolgreich angewendet hatte, um das Chaos sowohl räumlich als auch gedanklich zu verdrängen, und so ließ sich der Sauhaufen, der sich vor mir auf den Fußboden ergoß, nicht mehr ignorieren. Ich wollte ihn tapfer beseitigen, Ordnung schaffen, ausmisten, in andere Kästchen räumen, allein: Auch dort wartete es schon auf mich, das Zuig, Zuig, Zuig, und glotzte mich hämisch an. Ätschbätsch, zu spät, schon besetzt.
Wie das passieren kann, ich weiß es nicht. Taschenweise bringe ich Zuig in den Recyclinghof, zum Tauschmarkt, zum Müllcontainer, doch für jeden Bauklotz, der entsorgt wird, kommen ganz magisch zwei neue dazu. Als die alten Griechen die Hydra ersonnen haben, das vielköpfige Ungeheuer, dem die Köpfe immer doppelt nachwachsen, sobald man ihm einen abschlägt, da müssen sie Kinderspielzeug im Sinn gehabt haben. Aber es verhält sich ja nicht nur mit dem Spielzeug so. Wir haben von allem genug, nein: zu viel, und noch mehr. Schränke voller Gewand, Schubladen voller Haargummis, Regale voller Krimskrams, der sich im Laufe der Zeit einschleicht und sich wie ein frecher Hausbesetzer sein Wohnrecht ersitzt. Wobei, ganz so mysteriös gelangt das Zeug gar nicht in unsere vier Wände. An mindestens vier Gelegenheiten im Jahr (Ostern, Allerheiligen, Weihnachten, Geburtstag), spontane Anlässe gar nicht mitgerechnet, bekommt man von wohlmeinenden Verwandten die Frage gestellt: Wos brauchen die Kinder? Nichts, wäre die ehrliche Antwort, und allzu oft haben die Kinder selbst ja auch gar keine Antwort darauf, weil das Bedürfnis danach meist erst in dem Moment geweckt wird, in dem sie des Geschenks ansichtig werden (das wenig später dann unbeachtet in der Ecke liegt, es hatte seine 15 Minuten Ruhm). Trotzdem schenken wir hin und her, wir meinen es ja gut, und es geht ja so schnell, rein in den Laden, greifen, zahlen, einpacken lassen, rumliegen tut es ja dann bei jemand anderem. Sie merken, ich bin kein Fan von materiellen Geschenken. Alles, was ich brauche, kaufe ich mir selbst, alles andere ist bloße Belastung.
Trotzdem bin ich selbst nicht gefeit vor der Einkauferitis. Vor kurzem hat im Einkaufszentrum im Nachbardorf ein Laden aufgemacht, nett anzusehen, in dem man von Pastellfarben eingelullt diabolische Deals eingehen kann: Kinderleibchen um 2 Euro, Plastikspielzeug um 3 Euro, ein Schnäppchenparadies, es gehörte verboten. Frauen mit leuchtenden Augen wandelten, den vollbepackten Warenkorb am Arm, durch die Regale, scheinbar gelassen aber innerlich unter Strom, weil die Hand bald hierhin bald dorthin zuckte: billig! billig! billig! Wenn das billige Spielzeug aber schon den Geist aufgibt, noch bevor es überhaupt Bekanntschaft mit den Kinderhänden gemacht hat, dann war es definitiv zu teuer. Meine drei Euro wanderten also direkt in den Müllcontainer, die Kosten für die Umwelt sind sowieso nicht zu beziffern. Ich müsste es besser wissen, und werde doch immer wieder rückfällig. Manchmal denke ich dann an meine Mutter, die als Kind an Weihnachten Socken und ein paar Orangen bekam. Die Orangen wurden aufgegessen, die Socken waren irgendwann durch, da blieb nix liegen, über das man stolperte und sich logistische Gedanken machen musste. Damals war es Armut, heute könnte Verzicht eine Haltung des Luxus sein, die uns sagen lässt: Ich brauche nicht mehr, ich mache da nicht mehr mit. Freilich, die Kinder hätten keine große Freude mit drei Orangen unterm Tannenbaum, das Geschrei möchte ich mir gar nicht ausmalen, aber insgesamt weniger, bewusster, auch das kann ein Aufbruch sein.
Wie das passieren kann, ich weiß es nicht. Taschenweise bringe ich Zuig in den Recyclinghof, zum Tauschmarkt, zum Müllcontainer, doch für jeden Bauklotz, der entsorgt wird, kommen ganz magisch zwei neue dazu. Als die alten Griechen die Hydra ersonnen haben, das vielköpfige Ungeheuer, dem die Köpfe immer doppelt nachwachsen, sobald man ihm einen abschlägt, da müssen sie Kinderspielzeug im Sinn gehabt haben. Aber es verhält sich ja nicht nur mit dem Spielzeug so. Wir haben von allem genug, nein: zu viel, und noch mehr. Schränke voller Gewand, Schubladen voller Haargummis, Regale voller Krimskrams, der sich im Laufe der Zeit einschleicht und sich wie ein frecher Hausbesetzer sein Wohnrecht ersitzt. Wobei, ganz so mysteriös gelangt das Zeug gar nicht in unsere vier Wände. An mindestens vier Gelegenheiten im Jahr (Ostern, Allerheiligen, Weihnachten, Geburtstag), spontane Anlässe gar nicht mitgerechnet, bekommt man von wohlmeinenden Verwandten die Frage gestellt: Wos brauchen die Kinder? Nichts, wäre die ehrliche Antwort, und allzu oft haben die Kinder selbst ja auch gar keine Antwort darauf, weil das Bedürfnis danach meist erst in dem Moment geweckt wird, in dem sie des Geschenks ansichtig werden (das wenig später dann unbeachtet in der Ecke liegt, es hatte seine 15 Minuten Ruhm). Trotzdem schenken wir hin und her, wir meinen es ja gut, und es geht ja so schnell, rein in den Laden, greifen, zahlen, einpacken lassen, rumliegen tut es ja dann bei jemand anderem. Sie merken, ich bin kein Fan von materiellen Geschenken. Alles, was ich brauche, kaufe ich mir selbst, alles andere ist bloße Belastung.
Trotzdem bin ich selbst nicht gefeit vor der Einkauferitis. Vor kurzem hat im Einkaufszentrum im Nachbardorf ein Laden aufgemacht, nett anzusehen, in dem man von Pastellfarben eingelullt diabolische Deals eingehen kann: Kinderleibchen um 2 Euro, Plastikspielzeug um 3 Euro, ein Schnäppchenparadies, es gehörte verboten. Frauen mit leuchtenden Augen wandelten, den vollbepackten Warenkorb am Arm, durch die Regale, scheinbar gelassen aber innerlich unter Strom, weil die Hand bald hierhin bald dorthin zuckte: billig! billig! billig! Wenn das billige Spielzeug aber schon den Geist aufgibt, noch bevor es überhaupt Bekanntschaft mit den Kinderhänden gemacht hat, dann war es definitiv zu teuer. Meine drei Euro wanderten also direkt in den Müllcontainer, die Kosten für die Umwelt sind sowieso nicht zu beziffern. Ich müsste es besser wissen, und werde doch immer wieder rückfällig. Manchmal denke ich dann an meine Mutter, die als Kind an Weihnachten Socken und ein paar Orangen bekam. Die Orangen wurden aufgegessen, die Socken waren irgendwann durch, da blieb nix liegen, über das man stolperte und sich logistische Gedanken machen musste. Damals war es Armut, heute könnte Verzicht eine Haltung des Luxus sein, die uns sagen lässt: Ich brauche nicht mehr, ich mache da nicht mehr mit. Freilich, die Kinder hätten keine große Freude mit drei Orangen unterm Tannenbaum, das Geschrei möchte ich mir gar nicht ausmalen, aber insgesamt weniger, bewusster, auch das kann ein Aufbruch sein.