Centaurus
Die große Schande
// Jenny Cazzola //
In vielen Ländern der EU ist die Zwangssterilisation von Frauen mit Behinderung immer noch erlaubt.
Auch die Autorin dieser Zeilen war wütend und fassungslos als sie durch einen Beitrag in „heute – in Europa“ erfuhr, dass es in 13 EU-Mitgliedstaaten noch erlaubt ist, Frauen, die eine (häufig geistige oder kognitive) Behinderung aufweisen, sterilisieren zu lassen. Vielfach ohne ihre Zustimmung und ohne, dass sie erfahren, was mit ihnen geschieht.
Verstoß gegen die Istanbul- und die Oviedo-Konvention
Nur neun Mitgliedsstaaten – darunter Italien – stellen eine derartige Praxis unter Strafe. Auch, weil sie sowohl gegen die Istanbul-Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt als auch gegen die Oviedo-Konvention über Menschenrechte und Biomedizin verstößt. Erstere verlangt laut Artikel 39, dass chirurgische Eingriffe, die dazu dienen die Fähigkeit einer Frau zur natürlichen Fortpflanzung ohne deren Kenntnis und Zustimmung zu beenden, unter Strafe gestellt wird. Letztere verbietet nach Artikel 11 die Diskriminierung einer Person aufgrund ihres genetischen Erbes (und viele geistige Behinderungen, wie Trisomie 21 sind genetisch bedingt). Artikel 6 schreibt außerdem vor, dass eine medizinische Intervention (dazu gehören sowohl chirurgische Eingriffe als auch z.B. die Gabe von Medikamenten) an einer nicht einwilligungsfähigen Person immer zum unmittelbaren Nutzen der Person erfolgen muss. Die Person ist außerdem so weit wie möglich in das Einwilligungsverfahren miteinzubeziehen.
Doch Konventionen sind nicht bindend und müssen von den Ländern, die sie unterzeichnet haben, erst in nationales Recht übertragen werden. Und Menschen mit Behinderung wird häufig die Fähigkeit abgesprochen, Eltern zu sein. Deshalb treffen oft die Eltern die Entscheidung die Betroffenen einer Sterilisation zu unterziehen, aus Liebe, um sie vor Leid zu schützen, oder aus Angst sich eines Tages selbst um die Enkelkinder kümmern zu müssen. Dass sie den Betroffenen damit aber die sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung absprechen und die Fähigkeit selbst im Rahmen ihrer Möglichkeiten über ihr Leben zu bestimmen, das ist den wenigsten klar.
Doch Konventionen sind nicht bindend und müssen von den Ländern, die sie unterzeichnet haben, erst in nationales Recht übertragen werden. Und Menschen mit Behinderung wird häufig die Fähigkeit abgesprochen, Eltern zu sein. Deshalb treffen oft die Eltern die Entscheidung die Betroffenen einer Sterilisation zu unterziehen, aus Liebe, um sie vor Leid zu schützen, oder aus Angst sich eines Tages selbst um die Enkelkinder kümmern zu müssen. Dass sie den Betroffenen damit aber die sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung absprechen und die Fähigkeit selbst im Rahmen ihrer Möglichkeiten über ihr Leben zu bestimmen, das ist den wenigsten klar.
EU-Vorstoß
Das EU-Parlament zieht jetzt ein einheitliches Verbot der Zwangssterilisation an Menschen mit Behinderung in Erwägung. Doch bis jetzt handelt es sich dabei nur um einen Vorschlag an die Kommission. Der Weg zum Gesetz ist noch lang. In der Zwischenzeit hat das European Disability Forum eine Petition gestartet, die Bewusstsein für die Angelegenheit schaffen soll.
Die Situation in Italien
In Italien ist Zwangssterilisation kein autonomer Strafbestand, sondern kann bei einer Körperverletzung als erschwerender Umstand hinzukommen. So Art. 583 Abs. 3 Nr. 2 des Strafgesetzbuchs.
Hier kannst du die Petition unterschreiben: action.wemove.eu/sign/202203-end_forced_sterilisation_in_the_eu_now-petition-EN