Speak
Conscious Bondage
// Hannah Lechner //
Über Fesselspiele, Körperlichkeit & die Kraft der Verbindung

Lea Rigo und Philipp Mitterhofer in den Dolomiten © privat
Lea Rigo kommt ursprünglich aus dem Pustertal. Vor neun Jahren ist sie nach Wien gezogen, hat dort unter anderem als Sexualpädagogin und in einem feministischen Sexshop gearbeitet und sich privat und beruflich intensiv mit den Themen Sexualität und Intimität auseinandergesetzt. Seit drei Jahren gibt sie selbst Bondage-Workshops in Wien, Innsbruck und Bruneck und wird im Frühling 2025 zurück nach Südtirol ziehen. ëres hat Lea zum Interview getroffen.
Das Workshop-Format, das du zusammen mit Philipp Mitterhofer, auch aus Südtirol, anbietest, heißt Conscious Bondage – Fesseln mit Verbindung. Was ist Bondage und warum ist Achtsamkeit (Deutsch für Consciousness) dabei so wichtig?
Bondage ist ein konsensuelles, also auf gegenseitigem Einverständnis beruhendes Spiel mit Seilen, in dem es um eine Dynamik von Dominanz und Hingabe geht. Wir sehen Bondage als Tool für zwischenmenschliche Nähe und Intimität, die sexuell sein kann, aber nicht muss und dementsprechend sehr vielfältig ausschauen kann – von sinnlich über verspielt oder fürsorglich bis erotisch oder eben sexuell. Achtsamkeit ist dabei so wichtig, weil es sehr intim ist und sich alle Beteiligten vulnerabel zeigen mit ihren Wünschen und Bedürfnissen, die oft leider noch immer schambehaftet und tabuisiert sind.
Wie kann man sich so einen „Fesselworkshop“ vorstellen?
Unsere Workshops gehen über zwei Tage, man kann sich allein, zu zweit oder auch als Gruppe anmelden. Uns ist ein guter Mix aus Seiltechnik und Übungen ohne Seil wichtig, in denen es z.B. darum geht, bei sich selbst anzukommen, den eigenen Körper zu spüren und davon ausgehend in Interaktion zu treten. Aber auch um physische und emotionale Sicherheit beim Fesseln – etwa welche Körperstellen man vermeiden sollte, wie man (trauma)sensibel miteinander umgeht, gut auf die eigenen Grenzen und die der anderen achtet oder wie man Consent herstellen (und jederzeit zurücknehmen!) kann. Auch wichtig zu wissen ist, dass man Übungen mit unterschiedlichen Leuten macht. Da sind viele zunächst skeptisch, und es braucht ein bisschen Zeit, um Vertrauen in der Gruppe aufzubauen. Am Ende melden aber viele rück, dass sie sich nicht gedacht hätten, mit vermeintlich fremden Menschen so schöne und verbindende Erfahrungen machen zu können.
Kannst du so eine Übung genauer beschreiben?
Klar! Am ersten Tag gibt es z.B. eine Übung zu zweit mit Seil, aber ohne Knoten, damit man erst mal nicht zu viel im Kopf ist und über die Technik nachdenkt, sondern in Verbindung treten kann. Es geht darum, herauszufinden, was man mit dem Seil auch ohne Knoten alles machen kann – z.B. über die Haut streifen, mit Enge und Lockerheit spielen oder mit auditiven Reizen, etwa indem man das Seil auf den Boden wirft oder nah am Ohr der anderen Person zusammengeknüllt und knistern lässt. Das Ganze passiert angeleitet, und wir erinnern die fesselnde Person regelmäßig daran, einzuchecken und Consent einzuholen.
Wie schaut dieses Einchecken aus?
Wir verwenden am liebsten die Ampel-Methode. Das heißt, dass die gefesselte Person immer wieder darum gebeten wird, durch das Nennen einer Farbe rückzumelden, wie es ihr gerade geht: Grün bedeutet, dass alles ok ist, gelb, dass sich etwas verändern muss, z.B. die Sitzposition oder der Druck an einer Körperstelle, und rot bedeutet, dass die Session sofort aufhört, um dann zu schauen, was die Person gerade braucht. Aftercare, also sich nach dem Fesseln umeinander zu kümmern, ist immer wichtig, egal ob vorzeitig abgebrochen wird oder nicht. Wie das ausschaut, ist sehr individuell – es kann Kuscheln sein, ein bisschen Zeit für sich oder sich mit dem*der Partner*in oder einer außenstehenden Person über das Erlebte austauschen.
Ihr habt euren Workshop schon vier Mal in Südtirol angeboten. Seid ihr da auf Widerstände gestoßen und warum ist es euch gerade hier so wichtig?
Uns geht es darum, Räume zu schaffen, in denen Menschen sich bewusst mit Körperlichkeit, Intimität und Lust auseinandersetzen können. Gerade im konservativ geprägten Südtirol fehlen solche Räume oft, und es gibt sehr viele Vorurteile und Tabus. Viele sind zunächst zögerlich, teilzunehmen, auch weil Anonymität in ländlichen Kontexten viel schwieriger zu wahren ist. Deswegen stellen wir zu Beginn klar, dass es sich um einen vertraulichen Raum handelt und z.B. nicht ohne Einverständnis nach außen getragen wird, wer alles dabei war. Insgesamt ist das Feedback aber durchaus positiv, und es ist sehr schön zu beobachten, wie durch unsere Workshops Kontakte entstehen und sich auch in Südtirol langsam eine Community von Leuten bildet, innerhalb derer es einen offenen Umgang mit Körperlichkeit und Sexualität gibt. Ab Herbst sind auch neue Termine in Südtirol angesetzt, die findet man auf meiner Webseite (www.lea-rigo.com) oder auf Instagram (unfurling_workshops).
Auch in feministischen Kreisen trifft man immer wieder auf die Vorstellung, dass Fesseln und ein Spiel mit (sexuellen) Machtdynamiken nicht mit Feminismus zusammengehen. Wie siehst du das?
Absolut nicht so! Gerade weil es uns ja ums Aufbrechen einer Vorstellung geht, die Bondage in dunklen Kellern verortet und oft mit gender-stereotypen Rollenverteilungen von „aktiven Männern“ und „passiven Frauen“, penetrativem Sex und Unterwerfung verknüpft ist. Deswegen verwenden wir auch bewusst andere Begriffe. Jede Person kann unabhängig von ihrer Genderidentität sowohl in der dominanten als auch in der hingebenden Rolle sein, und dabei ist die hingebende Rolle nicht weniger aktiv. Es geht um eine bewusste Machtübergabe, um ein sich fallen und führen lassen, was – in einem sicheren Rahmen – sehr schön und erleichternd sein kann. Und auf der anderen Seite geht es um sehr viel Verantwortung und Kreativität, wie mit dieser Macht umgegangen wird. In einem solchen Verständnis von Bondage stecken sehr viele (queer)feministischen Werte – sagen zu können „Fuck ja, das will ich!“ kann in so einem Rahmen, egal in welcher Rolle, sehr empowernd sein! Wir wollen Räume schaffen, die es ermöglichen, Verletzlichkeit zu zeigen, die eigenen Grenzen kennenzulernen und schambefreit(er) über Wünsche und Bedürfnisse zu sprechen. Wir wollen Platz für Fehlerfreundlichkeit und Verspieltheit lassen und – über die Workshops hinaus – einen sensiblen Umgang mit Machtverhältnissen fördern. Solche Räume können eine unglaublich kraftvolle Erfahrung für die eigene Selbsterforschung und die Verbindung mit anderen sein.
Das Workshop-Format, das du zusammen mit Philipp Mitterhofer, auch aus Südtirol, anbietest, heißt Conscious Bondage – Fesseln mit Verbindung. Was ist Bondage und warum ist Achtsamkeit (Deutsch für Consciousness) dabei so wichtig?
Wie kann man sich so einen „Fesselworkshop“ vorstellen?
Kannst du so eine Übung genauer beschreiben?
Wie schaut dieses Einchecken aus?
Ihr habt euren Workshop schon vier Mal in Südtirol angeboten. Seid ihr da auf Widerstände gestoßen und warum ist es euch gerade hier so wichtig?
Auch in feministischen Kreisen trifft man immer wieder auf die Vorstellung, dass Fesseln und ein Spiel mit (sexuellen) Machtdynamiken nicht mit Feminismus zusammengehen. Wie siehst du das?

© privat