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Young | Mut zum Sprechen
Studentinnen und die Ungerechtigkeit in der Arbeit

// Kathinka Enderle //
Die finanziellen Unterschiede im Berufsleben werden jährlich zum Equal Pay Day aufgegriffen. Auch Studentinnen verdienen es, eine Stimme zu bekommen, wenn sie von ihren Erfahrungen rund um Ungerechtigkeiten, Vorurteile und Bezahlungen in Studentenjobs erzählen.
© cocoandwifi/pixabay
Nadine ist 20 Jahre alt und studiert Soziologie. Nach ihrem Studium möchte sie mit Menschen mit Behinderung arbeiten. Um in der Zwischenzeit Berufserfahrungen zu sammeln, arbeitet sie nebenbei als Begleiterin von behinderten Menschen.
Nadine erzählt, dass es im Pflegebereich durchaus Unterschiede zwischen der Behandlung von Frau und Mann gibt. „Bei den männlichen Betreuern ist es bei meiner Arbeit so, dass diese nur männliche Klienten bekommen, während wir Frauen jede*n betreuen müssen. Wir dürfen uns die Klient*innen nicht aussuchen. Trotzdem merke ich deutlich, dass unsere Klient*innen mehr Vertrauen zu uns Frauen fassen. Männliche Betreuer sind öfters hilflos, wenn es um die Periode geht. Ich bekomme öfters komische Blicke ihrerseits mit, wenn diese Themen angesprochen werden. Auch das Wechseln der Windeln stellt manchmal ein Problem dar. Den Care-Aspekt übernehmen immer noch größtenteils wir Frauen – wir sind die Bezugspersonen.“ Während des Gesprächs über die Arbeit als Studentin erzählt Nadine auch, dass sie Berufserfahrungen in einer Schule machen konnte. „In der Schule ist es ganz anders als im Pflegeberuf. Die Schüler*innen haben viel mehr Respekt vor Männern als vor Frauen, das merkt man als Lehrperson. Menschen mit Behinderungen akzeptieren jeden gleich, aber in der Gesellschaft ist das nicht so. Jugendliche schauen eher zu Männern auf, Frauen rücken trotz derselben Bildung in den Hintergrund.“ Auch die Aufgabenverteilung ist verschieden. „Im Pflegeberuf kommt es auf die Aufgaben und die Beeinträchtigung an. In der Schule hingegen haben die Lehrer das Sagen, die Lehrerinnen sind ihnen untergestellt. Das war meine Erfahrung.“ Sobald das Thema Bezahlung angesprochen wird, schmunzelt Nadine. „In der Schule verdienen Männer mehr als Frauen. Im Pflegebereich verdienen wir Student*innen alle gleich viel. Das Problem liegt aber darin, dass Frauen viel mehr machen. Auch mit einem Blick in die Zukunft ist die Aussicht nicht rosig. Kaum haben wir unseren Abschluss ändert sich die Bezahlung, trotz besserer Qualifikation. Ab da bekommen meine Kollegen mehr bezahlt, wie in den meisten öffentlichen Stellen. Dabei sind wir Frauen die treibende Kraft und rund um die Uhr da. Der Unterschied ist groß, im Beruf sowie finanziell.“
Von der Politik wünscht sich Nadine, dass Frauen mehr verdienen, vor allem wegen der schweren Arbeit und den vielen Überstunden. Viele würden aufgrund der generellen schlechten Arbeitsbedingungen den Job wechseln. „Viele hängen den Job im Pflegebereich an den Nagel und suchen sich etwas anderes. Leiden tun dabei die, die gepflegt werden müssen.“
„Für eine Frau machst du das gut“
Sonja hingegen ist 24 Jahre alt und studiert International Health & Social Management. Aktuell arbeitet sie nebenbei als Sachbearbeiterin für eine private Krankenversicherung. Nach ihrem Abschluss möchte sie weiterhin im Gesundheitsmanagement tätig sein. Auf die Frage „Warum?“ wirkt sie nachdenklich. „Um etwas zu bewegen. Ich will eine Änderung im Gesundheitssystem erzielen. Es läuft von vorne bis hinten schlecht“, so Sonja. „Am schlimmsten ist, dass Patient*innen sowie Pfleger*innen zu kurz kommen. Unfairer Lohn, keine ausreichende Behandlung, viele Sachen gehen unter und Patient*innen werden nicht gehört. Dafür gibt es aber auch keine Kapazitäten.“
Bevor sie in dieser Branche ihre Arbeit als Werksstudentin begonnen hat, schnupperte sie in die Welt der Chemieindustrie. Während sie in ihrer jetzigen Arbeit finanziell zufrieden ist, da sich der Lohn nur nach Ausbildungsgrad richtet, traf sie in der Chemieindustrie auf größere Ungerechtigkeiten. „Man wird als Frau für schwächer gehalten. Dort herrschen typische Frauenvorurteile: Frauen schaffen nicht viel und sind zu launisch. Das Gefühl aufgrund meines Geschlechts unrechtmäßig behandelt zu werden war groß. Mein Exfreund zum Beispiel hat mehr verdient als ich. Bei mir waren es 18 Euro, bei ihm 21 Euro die Stunde. Wir haben dieselbe Arbeit gemacht.“ Auch sexuelle Belästigung war keine Seltenheit. „Männliche Arbeitskollegen belästigten mich in und außerhalb der Arbeit. Sie kamen mir zu nahe, ich fühlte mich unwohl.“ Auch in der aktuellen Arbeit erfährt sie Belästigung. „Ich trage aufgrund komischer Komplimente keine engen Klamotten mehr bei der Arbeit.“
„Mein Wunsch an die Politik? Dieselbe Bezahlung wäre fein. Es wäre generell wichtig, jeden Menschen individuell anzuschauen. Man wird überall zu schnell über einen Kamm geschoren.“
Vorurteile? Davon ist weit und breit jede Spur zu sehen.
Auch Sarah, 21 Jahre alt und ursprünglich aus Afghanistan, erzählt unschöne Geschichten. Sie studiert Lehramt und wollte nebenbei als Telefonistin in einer Notrufzentrale arbeiten. Beim Bewerbungsgespräch wurden ihre Fähigkeiten ignoriert. Wichtiger waren Fragen darüber, ob sie zwangsverheiratet werden würde, genauso wie Bemerkungen zu ihrer Herkunft, obwohl Sarah perfekt unsere Sprache beherrscht. „Für mich war das kein Vorstellungsgespräch, sondern eine Befragung. Es war wichtig, ob ich in ihr ‚Schema‘ passe.“ Den Job hat sie nicht bekommen. Der Grund für die Absage war, dass sie eine Frau mit zierlicher Figur sei. Die Möglichkeit, das Gegenteil zu beweisen, bekam sie nicht.
Von der Politik wünscht sie sich Gleichberechtigung am Arbeitsmarkt und eine stärkere Einkommenstransparenz. „Wieso bekommen Männer seit Jahren eine höhere Bezahlung als Frauen? In manchen Berufen werden Männer bevorzugt, weil sie keine Kinder zur Welt bringen und ‚keinerlei Probleme und Verpflichtungen‘ haben. Frauen sind nach wie vor auf vielen Ebenen in Führungspositionen unterrepräsentiert.“
Studentinnen machen sich viele Gedanken und erzählen von Erlebnissen, die sie nie erfahren sollten. Gleichstellung ist und war schon immer ein Kampf. Es gilt so lange weiterzukämpfen, bis keine einzige mehr im Beruf und Alltag Ungerechtigkeiten erfahren muss. Wie Jeff Kinney einst sagte: „Je mehr Frauen bestärkt werden, desto besser wird unsere Welt.“

SPEAK

A pochi passi dalla guerra

// Redazione //
Chiara Corrarati, nata a Bolzano nel 1998, dopo aver frequentato il Liceo delle Scienze Umane opzione Economico - Sociale ha preso la decisione di continuare il suo percorso di studi presso l’Università di Riga Stradins facoltà di Medicina in Lettonia. Una scelta coraggiosa per vari motivi.
© Loreta.lukina / Wikimedia Commons
1. Cosa ti ha spinto a prendere la decisione di studiare Medicina a Riga?
Studiare Medicina è da sempre stato il mio sogno e la possibilità di mettermi in gioco e scoprire nuove culture mi ha da subito affascinata.
2. Quali sono i pro e i contro di vivere e studiare lontani da casa?
I pro sono sicuramente il potersi relazionare con nuove culture e il senso di indipendenza, mentre i contro sono di doversi tutelare e trovare la forza per superare gli ostacoli quotidiani che possono servire a formare il carattere di ognuno di noi.
3. Come stai vivendo questo momento difficile? Prima il Coronavirus e poi la guerra…
Questa situazione, che si è verificata in Ucraina proprio a pochi passi da me, mi ha preoccupata molto, soprattutto per le persone che soffrono. In precedenza con il Coronavirus ho avuto molte difficoltà nel tornare a casa per via delle restrizioni e dei voli cancellati. Queste situazioni mi fanno capire quanto siano importanti le persone che ami e la propria casa. Non sentirsi al sicuro è una delle peggiori sensazioni.
4. Quale messaggio vorresti dare alle nuove generazioni di giovani donne?
Il futuro è pieno di ostacoli, soprattutto per noi donne, ma la chiave del successo è di non arrendersi mai davanti agli ostacoli, prendere decisioni coraggiose che ci portino lontane.
5. Quali sono le tue paure?
Sicuramente viaggiare da sola non è stato sempre facile, il segreto è quello di sapersi adattare ad ogni situazione. La mia paura era proprio questa decisione di partire: mi ha sicuramente cambiato la vita. Un’altra paura era la questione linguistica: a Riga studio medicina totalmente in lingua inglese e la popolazione parla il lettone. Uno dei corsi più impegnativi del primo anno è stato infatti imparare la lingua lettone.
6. Hai mai subito discriminazioni in quanto donna?
Sicuramente al giorno d’oggi vi sono ancora discriminazioni per noi giovani donne, soprattutto in settori così scientifici e tecnici. Alcune volte studiare in università internazionali ti fa capire come le varie culture vedano in modo differente il ruolo della donna all’interno della società, certamente si può fare ancora tanto per migliorare la nostra posizione.
Chiara Corrarati