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Die kalte Form der Gewalt
// Bettina Conci //
Lea Martin möchte das Thema finanzielle Gewalt gerne hinter sich lassen. Weil sie ihr selbst widerfahren ist, sie sich erfolgreich zur Wehr gesetzt, zwei Bücher darüber geschrieben und zahlreiche Frauen wachgerüttelt hat, die sich ahnungslos auf Geheiß ihrer Männer oder Ex-Männer verschuldet hatten. Aber immer, wenn sie von derartigen Fällen liest oder hört, regt sich ihr Kampfgeist. Denn Schuld an der ganzen Spirale, in der Frauen oft unwissentlich landen, ist ein ganzes System.

Frauen sind sich oft der Tatsache nicht bewusst, dass ihnen Gewalt angetan wird. © Clay Banks / Unsplash
„Das Besondere an der finanziellen Gewalt, die ich erlebt habe, ist, dass ich nicht nur in den Augen meines Ex-Mannes, sondern auch für seine Bank eine zu vernachlässigende Größe war, eine unsichtbare Erscheinung. Diese gewollte und bewusst erzeugte Unsichtbarkeit ist der Hebel für finanzielle Gewalt und um ihn zu bedienen, braucht es mehr als einen gewalttätigen Mann. Es braucht eine Umgebung, die ihn deckt und unterstützt und dafür sorgt, dass finanzielle Gewalt nicht beim Namen genannt wird. Wer kein Wort dafür hat, was ihm widerfährt, kann auch keine Vorkehrungen treffen, um sich zu schützen.“ Dies schreibt die Autorin auf ihrer Homepage www.finanzielle-gewalt.de, auf der man sich nützliche Hilfestellung holen kann, wenn man befürchtet, dass einem selbst diese „kalte“ Art der Gewalt widerfahren ist, wie Martin schreibt.
Laut Art. 3 der Istanbul-Konvention zählt die finanzielle Gewalt zu den gegen Frauen gerichteten Gewaltakten und damit eine Verletzung der Menschenrechte und Diskriminierung. In Italien gilt finanzielle Gewalt nicht als Straftat im engeren Sinne, wird aber sowohl vom Zivil- als auch vom Strafgesetzbuch geahndet. In Fällen der finanziellen Gewalt kommen die Schutzmaßnahmen gegen familiäre Misshandlungen zum Tragen (Art. 342 bis und 342 ter des ZGB). Zum ersten Mal erwähnt wurde die finanzielle Gewalt vor weniger als zehn Jahren, nämlich in einem Dekret aus dem Jahr 2013. Die wirtschaftlichen Einschränkungen reichen in der darin enthaltenen Definition von der Kontrolle darüber, wie die finanziellen Ressourcen eingesetzt werden, bis hin zu Aneignung von finanziellen Mitteln und können folgende (Straf-)Tatbestände erfüllen: familiäre Misshandlung, private Gewalt, Kontrolle oder Einschränkung der Freiheit wie z.B. Versklavung, teilweiser oder vollständiger Entzug finanzieller Mittel, die für den persönlichen Unterhalt oder den der Kinder notwendig sind.
Um finanzielle Gewalt erfolgreich zu bekämpfen, müssen wir uns allerdings darüber klar sein, was als solche zählt und wie wir sie erkennen.
Wie sieht die rechtliche Situation in Italien und der EU aus?
Nun handelt es sich um eine deutschsprachige Webseite einer deutschen Frau im deutschen Rechtssystem. Wie aber sieht es in Italien aus? Auch hierzulande ist finanzielle Gewalt längst kein Tabuthema mehr – oder sollte zumindest keines sein. Hilfestellung ist durchaus gegeben, aber wie so oft liegt es an uns Frauen, uns zu informieren.Laut Art. 3 der Istanbul-Konvention zählt die finanzielle Gewalt zu den gegen Frauen gerichteten Gewaltakten und damit eine Verletzung der Menschenrechte und Diskriminierung. In Italien gilt finanzielle Gewalt nicht als Straftat im engeren Sinne, wird aber sowohl vom Zivil- als auch vom Strafgesetzbuch geahndet. In Fällen der finanziellen Gewalt kommen die Schutzmaßnahmen gegen familiäre Misshandlungen zum Tragen (Art. 342 bis und 342 ter des ZGB). Zum ersten Mal erwähnt wurde die finanzielle Gewalt vor weniger als zehn Jahren, nämlich in einem Dekret aus dem Jahr 2013. Die wirtschaftlichen Einschränkungen reichen in der darin enthaltenen Definition von der Kontrolle darüber, wie die finanziellen Ressourcen eingesetzt werden, bis hin zu Aneignung von finanziellen Mitteln und können folgende (Straf-)Tatbestände erfüllen: familiäre Misshandlung, private Gewalt, Kontrolle oder Einschränkung der Freiheit wie z.B. Versklavung, teilweiser oder vollständiger Entzug finanzieller Mittel, die für den persönlichen Unterhalt oder den der Kinder notwendig sind.
Um finanzielle Gewalt erfolgreich zu bekämpfen, müssen wir uns allerdings darüber klar sein, was als solche zählt und wie wir sie erkennen.
Was versteht man unter finanzieller Gewalt?
Finanzielle Gewalt spielt sich wie jede Form von Gewalt in verschiedenen Phasen oder Abstufungen ab. Die Alarmglocken sollten klingeln bei Schlagwörtern wie Kontrolle des gemeinsamen Budgets, Scheinteilhabe am Finanzgebaren der Familie oder des Paares, Monopolstellung des einen Partners. So ist zum Beispiel der alleinige Zugriff eines Partners auf das gemeinsame Konto ein No-Go, ebenso wie Entscheidungen über Investitionen, bei denen dem/der Partner*in kein Mitspracherecht eingeräumt wird. Ebenso suspekt sollten Verhaltensweisen sein, die einen der Partner zwingen, Rechenschaft über die getätigten Ausgaben abzulegen, von einem Taschengeld zu leben, das der finanziell stärkere Partner bestimmt, über die familiären Einkünfte im Dunkeln gelassen zu werden. Beide Beine in die Hand nehmen sollten Opfer von finanzieller Gewalt, sobald ihnen Geldmittel entzogen oder versagt werden oder ihre finanzielle Selbstständigkeit gefährdet ist. Strafbar macht sich, wer den/die Partner*in dazu zwingt, als Bürge zu fungieren, Hypotheken, Darlehen, Schecks und dergleichen zu unterschreiben oder sich für den Ankauf von Gütern, die jemand anderem zugutekommen, zu verschulden.
Der psychologische Faktor
Finanzielle Gewalt ist eine subtile Form der Misshandlung, die neben den materiellen auch schwerwiegende psychologische Folgen hat. Das Opfer verliert mit seiner finanziellen Selbstständigkeit auch Selbstbewusstsein und entwickelt Minderwertigkeitsgefühle. Es wird erpresst und erpressbar, ist Schuldgefühlen gegenüber den Kindern ausgesetzt und erfährt oft Misshandlungen anderer Art, ohne sich wehren zu können oder einen Zufluchtsort zu haben. Es entsteht ein Abhängigkeitsverhältnis, aus dem das Opfer nur schwer ausbrechen kann. So wird es zunehmend isoliert und riskiert, in Armut und Abhängigkeit abzurutschen.
Wie kommt frau da wieder heraus?
Gut informiert ist halb gewonnen: Erst wenn man über die Formen finanzieller Gewalt in Kenntnis gesetzt ist, kann man auch bewusste Entscheidungen treffen, um die eigene wirtschaftliche Unabhängigkeit zu erhalten bzw. zurückzugewinnen – oder um finanzieller Gewalt vorzubeugen.Für den Schutz der finanziellen Selbstständigkeit ist es unerlässlich für Frauen,
ein Bankkonto auf den eigenen Namen einzurichten,
beim gemeinsamen Konto mitzuunterschreiben,
eine eigene Kredit- oder Debitkarte zu besitzen,
zu vermeiden, alle Einkünfte der Familie zur Verfügung zu stellen,
zu vermeiden, Schulden auf den gemeinsamen Konten anzuhäufen,
die Notfallverordnungen des Zivilgesetzbuches zu kennen,
sich vor Unterschriften auf jeglichen
Finanzdokumenten gründlich zu informieren,Mitspracherecht bei den familiären Finanzentscheidungen einzufordern,
den Überblick über die gemeinsamen Einkünfte und Spesen zu haben,
Kopien aller finanziellen und rechtlichen Dokumente zu besitzen.