Young

Breaking Beauty Standards

// Kathinka Enderle //
Schönheitsideale sind der Feind der Vielfalt, fordern Uni­formität und belohnen Konformität, anstatt die Einzigartigkeit zu schätzen. Sie unterdrücken Individualität und versprechen Glück und Anerkennung. Es ist ein Wettbewerb um Perfektion und eine Reise ohne Ziel. Doch wie wäre es, den Kurs zu ändern und stattdessen nach Selbstliebe zu streben?
© Kevin Laminto - unsplash
Als Laura 13 Jahre alt war, waren ihre Tage erfüllt von Freundschaften und von Träumen einer abenteuerreichen Zukunft. Sie war 13, als sie das erste Mal in die Welt der sozialen Medien eintauchte. Dort fühlte sich Laura zunehmend von der glänzenden Perfektion in den Bann gezogen. Ihr Handy war voll von idealen Körpern und maßgeschneiderten Outfits. Bislang ungekannte Selbstzweifel nisteten sich in ihrem Herzen ein. Sie empfand Selbstkritik und Angst, nicht schön genug zu sein. Die Schlingen der Schönheitsideale wurden enger. Was als harmloses Eifern nach einem gesellschaftlichen Ideal begann, entwickelte sich mit 15 Jahren zu einer verheerenden Essstörung. Die Zahl auf der Waage und ihre Kleidungsgröße wurden zum Maßstab ihres Selbstwertgefühls, sie versank in eine Welt aus Unzufriedenheit.
Mit 16 Jahren wurde Laura in eine Klinik für Essstörungen eingewiesen. Erst nach Monaten intensiver Behandlung durfte Laura heim – stärker und mit einer gesunden Einstellung sich selbst gegenüber.
Das Entstehen einer Monokultur
So wie es Laura erging, geht es Tausenden von Frauen* täglich. Der Weg zum Schönheitsideal verspricht nicht immer Erfolg. Das Streben nach Idealen entfremdet uns von unserer wahren Identität und Authentizität. Es wird vorgeschrieben, wie wir auszusehen haben, wie wir uns kleiden und fühlen sollen. Eine kollektive Halluzination wird erschaffen, die uns in eine lebenslange Jagd nach unerreichbaren Trugbildern treibt.
In der Wissenschaft unterscheidet man zwischen inklusiver Schönheit, die auf menschliche Werte und das Gute verweist, und die exklusive Schönheit, die sich im menschlichen Körper darstellen lässt. Trotzdem ist Schönheit auch eine Frage der Gesellschaft. Menschen messen Schönheit an gesellschaftlichen Richtlinien und Leitsätzen. Die Vergänglichkeit solcher Ideale und die damit verbundene Widersprüchlichkeit, sich diesen zu fügen, wird selten erkannt. Das permanente Streben nach Schönheitsidealen entfremdet uns von den wahren Werten und verhöhnt stattdessen die menschliche Vielfalt – es kommt zur Monokultur.


Beyond Beauty: Inspiriert zur Selbstbefreiung
Schönheitsideale sind in unserer Gesellschaft tief verwurzelt, aber wir haben die Kraft, sie zu durchbrechen. Denn: Schönheit darf in ihrer ganzen Vielfalt gezeigt werden. Ein Raum sollte entstehen dürfen, in dem jedes Individuum in dessen Einzigartigkeit erstrahlen darf – unabhängig vom äußeren Erscheinungsbild. Das Leben ist nicht dazu da, damit wir einem Bild entsprechen, das sich jederzeit ändern kann. Wir existieren, damit wir unsere eigene Geschichte schreiben. Wahre Schönheit liegt in der Vielfalt – ohne Einschränkungen, ohne Bedingungen, ohne Urteile. Als Feminist*innen wissen wir, dass die Befreiung von Schönheitsidealen kein einfacher Prozess ist, sondern Mut erfordert. Der Weg zur Selbstbefreiung beginnt damit, den eigenen Körper und Geist anzunehmen und sich wertzuschätzen, anstatt sich dem gesellschaftlichen Streben nach „Mehr“ zu fügen.

Centaurus

Nicht 50:50

// Jenny Cazzola //
Bisexuelle Menschen werden oft mit Vorurteilen konfrontiert, zum Beispiel, dass sie sich nicht entscheiden könnten. Dabei müssen sie das gar nicht.
Bisexuelle Menschen fühlen sich zu mehr als einem Geschlecht oder Gender hingezogen. Sie erfahren viel Unverständnis, sei es von heterosexuellen Personen, sei es von der LGBTQIA+ Community. Denn sie gelten häufig als feige, unentschlossen und notorisch untreu. Vorurteile, die absolut falsch sind, die es ihnen aber häufig immer noch schwer machen zu ihrer sexuellen Orientierung zu stehen.
Der 23-jährige Fabian ist Gärtner und lebt in Bozen. 2020 hat er damit begonnen, sich als bisexuell zu outen. Sein Coming Out verlief ziemlich entspannt. „Ich habe das große Glück, auch auf der Arbeit nie wegen meiner sexuellen Orientierung diskriminiert worden zu sein. Alle haben sehr gelassen reagiert.“
„Bisexuelle Menschen werden oft alle in einen Topf geworfen“, erzählt Fabian weiter. „Und oft wird Bisexualität mit Pansexualität verwechselt.“ Pansexuelle Menschen fühlen sich zu Menschen hingezogen, ohne dabei auf das Geschlecht, Gender oder Geschlechtsmerkmale zu achten. Viele pansexuelle Menschen identifizieren sich auch als bi und umgekehrt. Fabian ist es aber wichtig zu betonen, dass es bei ihm nicht so ist. „Ich stehe auf Männer und Frauen. Und das schon seit der Mittelschule. Ich habe noch nie verstanden, warum man sich da entscheiden muss. Aber viele erwarten das von einem. Es heißt dann ‚das ist ja nur eine Phase‘ oder ‚du willst das doch nur mal ausprobieren.‘“
Auch Beziehungen einzugehen ist für bisexuelle Menschen nicht leicht. Fabian hat das selbst erlebt. Als er sich geoutet hat, war er noch mit einer Frau zusammen. „Die war sehr skeptisch und hatte Angst, dass ich sie mit einem Mann betrüge. So reagieren leider viele. Sie glauben nicht, dass bisexuelle Menschen treu sein können und echte Gefühle haben. Und immer wieder wird man gefragt ‚Stehst du eher auf Männer oder auf Frauen? Oder ist es 50:50?‘ Dabei ist es nie 50:50. Bei mir ist es eher ein Kuchen, der in acht Stücke zerteilt ist. Fünf der Stücke sind blau und drei Stücke rosa. Aber das macht mich nicht schwul. Ich bleibe bisexuell. Da spielt es auch keine Rolle, ob ich mit einem Mann oder einer Frau zusammen bin.“
Männer, die in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung sind, werden in Südtirol noch oft zur Zielscheibe. „Bei Frauen ist das anders“, meint Fabian. „Eine Frau darf ihre Freundin beim Ausgehen auch mal küssen. Dort ist das ok. Männer hingegen trauen sich in der Öffentlichkeit oft nicht mal Händchen zu halten, weil sie Angst haben, angegangen und beleidigt zu werden.“ Das hänge aber auch stark mit dem Umfeld zusammen. „Es ist schon wichtig, wo man wohnt und wie groß der Freundeskreis ist. Bozen ist sicher offener als manche Dörfer.“