Centaurus

Authentische Inhalte, die für alle Menschen lustvoll sind

// Jenny Cazzola //
Was ist eigentlich ethische Pornografie? Wir haben mit einer Frau gesprochen, die sich auskennt.
© Ian Dooley - unsplash
Denise Kratzenberger ist Co-Gründerin von CHEEX, einer Plattform für sogenannte ethische Pornografie, oder ethically sourced porn. Das Unternehmen mit Sitz in Berlin bietet unter dem Slogan „Pleasure for Everyone“ erotischen Content an, der anders ist, als das was man auf den Mainstream-Portalen findet.

„CHEEX ist sexuelles Lernen und Erwachseneninhalte in einem. Abonnent*innen erhalten unbegrenzten Zugang zur Plattform mit fair produzierten, erotischen Filmen und Audios. Außerdem gibt es im Rahmen der Pleasure Academy sexedukative Angebote wie von Expert*innen geführte Masterclasses, Tutorials und Live-Q&As. Unsere Plattform soll Menschen dazu anregen, ihre Sexualität offen und unbefangen, allein oder gemeinsam (neu) zu entdecken. Dabei steht unsere Vision immer an oberster Stelle: Wir möchten die Gesellschaft sexuell befreiter machen! Eine erfüllte Sexualität ist für uns Teil eines guten Lebens. Fühlt euch frei darin, sie stetig neu zu erkunden. Denn: Sexualität ist fluide, und unser Lernen und Entdecken sollte niemals aufhören“, erklärt Kratzenberger das Geschäftsmodell.

Fair produziert
Die Inhalte, die auf CHEEX zu finden sind, werden alle fair und unter Einhaltung ethischer Standards produziert. Dazu gehört, dass alle Performer*innen volljährig sind, fair bezahlt werden, regelmäßig und transparent auf sexuell übertragbare Krankheiten getestet werden und einvernehmlich handeln. Außerdem reproduzieren die Inhalte von CHEEX keine rassistischen, frauenfeindlichen oder schädlichen Stereotype und sind stattdessen auf Vielfalt und die respektvolle Darstellung aller Menschen ausgelegt. „Häufig funktionieren andere Plattformen auch nach dem Prinzip, dass Nutzer*innen eigenen Content hochladen können, der dann alle möglichen, auch missbräuchlichen, Inhalte enthalten kann. Auf CHEEX findet man ausschließlich Inhalte, die unser Team geprüft hat. Man kann sich also sicher sein, dass man bei uns nur inszenierten Sex findet, auf den alle Beteiligten wirklich Lust hatten“, so Kratzenberger.


Auch deshalb gibt es für CHEEX, anders als bei anderen Plattformen nur ein Abo-Modell. „Genauso wie andere Film- oder Audioproduktionen, müssen Pornoproduktionen irgendwie finanziert werden. Unser Abo-Modell garantiert den User*innen die Einhaltung von Sicherheits- und Rechtsstandards an den Sets, faire Bezahlung von Performer*innen sowie die Kuration und Eigenproduktion von ethischen Inhalten. Darüber hinaus haben User*innen auf CHEEX den Benefit der Pleasure Academy und Austauschmöglichkeiten mit einer sex-positiven Community.“ Zu dieser Pleasure Academy gehören außerdem ein Magazin, ein Interview-Podcast und Social Media Content, die auch gratis verfügbar sind.
Denise Kratzenberger

Sexualität & Internet

Digitale Lust

// Kathinka Enderle //
Das Internet dient als unendliche Quelle für sexuelle Vielfalt und Entdeckungen – eine Welt, die unsere Wahrnehmung von Körperlichkeit, Liebe und Sexualität verändert.
© Charles Deluvio - unsplash
Lena (15) denkt über ihr erstes Mal nach und findet, dass dieses Thema in der Schule vernachlässigt wird. Sie sucht Informationen im Internet oder bei ihren Freundinnen, aber fühlt sich dennoch unsicher und wünscht sich oft, besser vorbereitet zu sein. Lena sehnt sich nach einer vertrauenswürdigen Quelle, die ihr helfen kann, sich auf diese Erfahrung vorzubereiten.

Navigation durch digitale Gewässer
Im Internet entstehen zunehmend Räume, die viele sexuelle Interaktionen und Ausdrucksformen ermöglichen. Es hat die Art und Weise, wie wir über Körper, Liebe, Sexualität und Pornografie denken und kommunizieren, verändert. Nach der Fachzeitschrift „Medienimpulse“ nehmen digitale Räume drei Formen an:

1. Sie manifestieren sich als veränderter Umgang mit Körper, Nacktheit, Sexualität und Begehren in sozialen und digitalen Medien.
2. Sie finden sich auf Webseiten mit pornografischen Inhalten wieder.
3. Sie integrieren sich in digitale Kommunikationsformen, die in sexuelle Praktiken eingebunden sind.

Beyond Boundaries: neue Wege
Das Internet hat in den vergangenen Jahrzehnten dazu beigetragen, Diskussionen, Fantasien und Praktiken über Sexualität zu formen und zu wandeln. In diesem Kontext spielt der Blick hin zur Aufklärung eine wichtige Rolle. Medienpädagogik und -psychologie sind gefordert, Antworten auf neue Fragen zu finden und Jugendliche wie Lena im Umgang mit Sexualität zu unterstützen.

Verpasste Chance in Südtirol
Die Bewegung „Frauen*marsch – Donne* in Marcia“ setzt sich unter anderem für die Verpflichtung, sexuelle und emotionale Bildung altersgerecht an den Schulen durch qualifizierte externe Fachkräfte einzuführen, ein. Dieser Antrag wurde aber im Landtag im März 2024 abgelehnt. Die Politikerin Stefanie Vasold aus Österreich kritisierte ein solches Vorgehen bereits 2015, da es bei sexueller Bildung nicht nur um Sexualität an sich ginge, sondern um gesellschaftliche Gleichstellung und die Beseitigung von Diskriminierung.

Ein inklusiver Cyberspace
Das Netzwerk „Association for Progressive Communications (APC)“ hingegen setzt sich für ein feministisches Internet ein, um den Umgang mit Sexualität zu erleichtern. Es strebt einen transformativen politischen Raum an, um neue Formen der Beteiligung zu ermöglichen. Im Rahmen eines feministischen Internets sollen alle das Recht haben, das eigene Selbst, frei, ohne Diskriminierung auszudrücken und zu konstruieren. Durch eine Ethik und Politik der Einwilligung, Verantwortlichkeit und Transparenz könnte man Aufklärung und Verständnis ermöglichen.

Jenseits von Tabuisierung
Im digitalen Zeitalter entstehen neue Möglichkeiten der sexuellen Entfaltung, aber auch Herausforderungen. Eine Welt, in der alle das Recht haben, Sexualität frei und selbstbestimmt zu leben, ist keine Utopie, sondern die Vision einer sicheren Zukunft, die wir gestalten können. Lena jedenfalls blickt hoffnungsvoll in die Zukunft, in der Jugendliche wie sie selbst frei von Vorurteilen und Einschränkungen ihre Sexualität sicher erkunden können.
Quellen: APC: www.apc.org/sites/default/files/Feminstische_Prinzipien_without_biblio-1.pdf, Stefanie Vasold: journals.univie.ac.at/index.php/mp/article/view/mi935, Medienimpulse: journals.univie.ac.at/index.php/mp/article/view/mi956