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Politik der Barrieren

// Heidi Ulm //
Politik sollte die Gesellschaft widerspiegeln. Doch obwohl europaweit etwa 10 Prozent der Bevölkerung eine Behinderung haben, sind Menschen mit Behinderungen in der Politik unterrepräsentiert. Welche Herausforderungen gibt es? Und warum ist es so wichtig, dass Menschen mit Behinderungen in der Politik vertreten sind?
© Hansjorg Keller - unsplash
Markus Kompatscher zeigt, dass Menschen mit Behinderung in der Lokalpolitik eine wichtige Rolle spielen können: Der Atzwanger SVP-Ortsobmann hat 1978 bei einem Autounfall ein Bein verloren. Im Telefoninterview wirkt Kompatscher, der sich überdies als Präsident der Sportgruppe für Körperbehinderte Südtirols und Referent für Behindertensport im Verband Südtiroler Sportvereine (VSS) engagiert, tatkräftig und besonnen – keiner, der sich in den Vordergrund drängt.

Kleine Fraktion, große Fortschritte
In seinem parteipolitischen Engagement hat Kompatscher bislang noch nie Diskriminierung erlebt, er wird von seinen Kolleginnen und Kollegen vielmehr als gleichgestellter Partner angesehen. Obwohl seine Fraktion nicht im Gemeinderat der Großgemeinde Ritten vertreten ist, hat er – gemeinsam mit seinem Ortsausschuss - viel erreicht: „Wir haben eine neue Ortseinfahrt umgesetzt, und demnächst werden Zebrastreifen mit Fahrbahnteiler folgen. Atzwang ist ein kleiner Ort mit 150 Einwohner*innen, aber der Zusammenhalt hier ist stark.“ Ein besonderes Anliegen ist Kompatscher, dass Neubauten behindertengerecht gestaltet werden. So wurde zu seiner großen Freude, die neugebaute Feuerwehrhalle mit Vereinssaal in Atzwang barrierefrei errichtet.

Warum gibt es in Südtirol so wenige Politiker*innen mit Behinderungen?
Für Kompatscher sind strukturelle Hürden ein wesentlicher Grund: „Im Sozialen fehlen oft die Unterstützung und die finanziellen Mittel, die in der Wirtschaft durch Lobbys vorhanden sind.“ Zudem sei es schwierig, unterschiedliche politische Ideologien und alle drei Sprachgruppen in Südtirol anzusprechen, wenn man für eine Partei kandidiert. Doch er macht Mut: „Mit guten Argumenten und Engagement kann man sich Gehör verschaffen.“ Entscheidend sei, dass Betroffene selbst politische Mandate übernehmen. „Nur so können Anliegen authentisch vertreten werden.“

Eine „disability quote“könnte hier helfen, die Einstiegshürden zu senken. „Die entscheidende Frage bleibt jedoch: Wer ist bereit, sich einer Kandidatur zu stellen?“ Ob sich Markus Kompatscher der nächsten Wahl stellen wird, lässt er im noch Gespräch offen: „Der Einsatzwille wäre schon da, denn wenn ich etwas mache, dann zu 150 Prozent. Aber es braucht auch die Unterstützung von anderen.“

Wünsche an die Politik
Dennoch: Kompatscher sieht Fortschritte, aber auch noch viel Potenzial: „Unternehmen könnten mehr Menschen mit Behinderungen einstellen, um ihnen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Wichtig ist, dass alle Behinderungsarten berücksichtigt werden.“ Gleichzeitig erkennt Markus Kompatscher, wie sich die gesellschaftliche Haltung gewandelt hat: „Als ich 1978 mein Bein verlor, war Behinderung ein Tabuthema. Heute hat sich viel verbessert – aber es bleibt Luft nach oben.“ Kompatscher steht für eine bodenständige Politik. Sein Motto: „Ich sehe das Glas immer halbvoll, dann geht vieles leichter.“

Keine Repräsentation im Landtag
Auf Landesebene sieht die Repräsentation von Menschen mit Behinderung düster aus. Derzeit sind keine Abgeordneten mit sichtbaren Behinderungen im Landtag. Tatsächlich aber müssten drei bis vier Abgeordnete eine Behinderung haben, um die gesellschaftlichen Verhältnisse realistisch widerzuspiegeln. Zwar setzen sich auch nichtbehinderte Politiker*innen für behindertenpolitische Themen ein, doch die Perspektive von Betroffenen ist unverzichtbar. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass sich durchaus immer wieder Kandidaten mit Behinderungen der Wahl gestellt haben, wie Stefan Hofer und Martin Telser (2013 und 2018). Trotz ihrer Bemühungen erhielten sie aber nicht genügend Stimmen, um in den Landtag einzuziehen. Wobei nicht vergessen werden darf, dass Südtirol schon viel früher einen prägenden Politiker mit einer Behinderung hatte: Silvius Magnago, Landeshauptmann von 1960 bis 1989, verlor im Zweiten Weltkrieg ein Bein. Sein Fokus lag jedoch auf der Autonomiepolitik.

Ein Blick über Südtirol hinaus
Seit den Schweizer Parlamentswahlen im Oktober 2023 nehmen von 200 Mandaten drei Politiker mit Behinderungen einen Platz im Nationalrat ein. Christian Lohr, Philipp Kutter und Islam Alijaj zeigen, dass es geht, doch ihr Anteil bleibt verschwindend gering. Von 30 kandidierenden Personen mit Behinderungen schafften es nur diese drei ins Parlament.

In Deutschland sieht es nicht besser aus: Die unlängst verstorbene Stephanie Aeffner war die erste weibliche Bundestagsabgeordnete im Rollstuhl und beschrieb in Interviews ihren politischen Alltag stets als mühsam. Aeffner und ihr Team verbrachten viele Stunden mit Reiseplanung und dem Organisieren barrierefreier Veranstaltungsorte. Diese Zeit fehlte für inhaltliche Arbeit. Bereits im Wahlkampf stieß sie auf Hindernisse wie nicht zugängliche Veranstaltungsorte und schlechte Infrastruktur.

Ein historischer Moment für die Barrierefreiheit in Deutschland war der März 2024, als Heike Heubach als erste gehörlose Abgeordnete eine Rede in Gebärdensprache im Bundestag hielt. Dabei leben etwa 80.000 Menschen in Deutschland mit einer Hörbehinderung. Eine offizielle Rede in Leichter Sprache gab es im Bundestag noch nie, obwohl rund 10 Millionen Menschen auf Einfache und Leichte Sprache angewiesen sind. Das zeigt, wie spät und spärlich Barrierefreiheit in den höchsten politischen Gremien angekommen ist.

Keine Mitbestimmung innerhalb der deutschen Partei
Obwohl das deutsche Gesetz vorschreibt, dass politische Parteien mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit Menschen mit anerkannter Schwerbehinderung besetzen müssen, hält sich keine Partei daran. Solange Menschen mit Behinderungen bereits innerhalb der Parteistrukturen kaum Gehör finden, ist ihre geringe Repräsentation in den oberen Ebenen wenig überraschend.

Auch in Österreich war es eine gehörlose Politikerin, die im Nationalrat und im gesamten deutschsprachigen Raum wichtige Zeichen setzte: Helene Jarmer. Von 2009 bis 2017 war sie die erste gehörlose Abgeordnete im Nationalrat und im gesamten deutschsprachigen Raum. Jarmer setzte sich erfolgreich für Barrierefreiheit ein und erreichte beispielsweise, dass alle ORF-Fernsehübertragungen aus dem Parlament in Gebärdensprache angeboten werden.

Doch auch in Österreich bleibt noch viel zu tun. Beispielsweise hinken unsere Nachbarn bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention hinterher.

Fazit: Mehr Vielfalt für eine gerechte Zukunft
Die geringe Präsenz von Menschen mit Behinderungen in der Politik ist ein Spiegelbild gesellschaftlicher Ungleichheiten. Es liegt in der Verantwortung der Politik, Barrieren abzubauen. Eine vielfältigere Politik wäre gerechter und würde allen zugutekommen. Letztlich liegt es auch an uns Wähler*innen, unsere Stimme dafür zu nutzen, dass Menschen mit Behinderungen in der Politik besser vertreten sind.
Markus Kompatscher

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Sopravvivere alle chat di classe

// Tilia //
Due terzi dell’anno scolastico sono alle spalle, mancano circa tre mesi perché uno degli incubi peggiori dei genitori, delle mamme più che altro (i papà coinvolti sono ancora un’eccezione), finisca: la, o addirittura le, chat di classe.
Un microcosmo digitale dove si intrecciano i destini di bambine e bambini che, per volere del destino, si ritrovano nella stessa classe. Qui, fra vocali, foto, emoticon, prove della propria simpatia, critiche stizzite e (molto spesso) refusi, si snodano le surreali vicende del mondo scolastico. Un turbine di messaggi, foto, richieste di consigli e scambi di ogni tipo che rischiano di trasformare uno strumento potenzialmente utile in un vero e proprio stress.
Privacy a parte, ci sono però molte altre regole, più di buon senso e buona educazione, utili, per esempio, a evitare che il gruppo diventi un campo minato di incomprensioni. Le ricorda Samuele Briatore, presidente dell’Accademia Italiana Galateo, che ha stilato un vero e proprio “galateo”.
01. Solo questioni scolastiche, evitando domande personali o generiche.
02. Niente saluti inutili, per non intasare la chat.
03. Vietati i messaggi vocali, per rispetto di chi potrebbe non poter ascoltare audio in quel momento.
04. Rileggere sempre i messaggi, per verificare il contenuto.
05. Evitare errori grammaticali o di battitura, mantenendo chiarezza e concisione.
06. No alle polemiche, vanno affrontate in altri contesti.
07. Limite di età, le chat dovrebbero essere limitate alle scuole elementari e medie.
08. No alle foto private, a meno di non avere il consenso di tutti.
09. Niente solleciti, salvo comunicazioni davvero urgenti.
10. Cancellarsi è lecito, piuttosto che silenziare la chat.
Certo, l’applicazione di questo prezioso decalogo non è cosa per niente scontata...
In ogni chat poi ci sono diverse tipologie di mamme. C’è la mamma organizzata che si sente investita del compito di coordinare ogni attività. C’è la polemica a cui non va mai bene niente, nemmeno se le altre si sono già tutte, faticosamente, messe d'accordo. Poi c'è la l’ansiosa, che deve verificare continuamente. “Ma è sicuro che la gita di domani sia confermata? Ho sentito che ci potrebbe essere sciopero degli autobus…”. Non manca poi la multitasking, che invia messaggi spesso sconclusionati mentre cucina, è dalla parrucchiera, fa pilates, guida (infrangendo la legge), eccetera eccetera. E i papà? Di solito, entrano raramente nella chat e quando arrivano sono soprattutto interessati a capire se ci saranno birre alla festa di fine anno. Quando intervengono, il tono della chat diventa immediatamente più confuso...

Oltre al gruppo classe diciamo ufficiale, ci sono i gruppi tematici... si salvi chi può. A seconda del periodo dell’anno e dell’umore dei partecipanti possono trasformarsi in: contenitori di lamentele su educatori e insegnanti. Bacheche di inviti al mercatino o al laboratorio creativo. Bollettini medici su pediculosi, ossiuri, virus e altro. Gallery di foto dei figli propri e altrui. Spazi liberi in cui pubblicare meme, motti di spirito e magari sponsorizzare anche il proprio e-commerce. Palcoscenici per litigi o, al contrario, esibizione pubblica di simpatie selettive. Eccetera, eccetera, eccetera... la lista è ancora lunga, ahinoi.