Literarische Frauenstimmen
Über Wunden, die auch die Zeit nicht heilt
// Maria Pichler //
Marlene Erschbamer schreibt gefühlt, seit sie denken kann. Die Tibetologin und Philosophin verfasst wissenschaftliche Texte, betreibt einen Blog über die Frauengeschichte(n), lebt ihre kreative Ader in Gedichten und Kontrafakturen aus. Und hat jetzt einen (feministischen) Roman geschrieben: Zeitwunden.

© privat
Eine junge Frau erhält den Auftrag, über einen Hexenprozess in Südtirol zu forschen. Sie merkt: Es ist schwer, etwas herauszufinden über die Geschichte einer vermeintlichen Hexe, die im 15./16. Jahrhundert gerichtet worden ist – einer starke Frau, Opfer einer perfiden Männerverschwörung. Darum geht es – grob umrissen – in dem Roman, den Marlene Erschbamer aus Eggen im vergangenen Jahr geschrieben hat. „Es geht um die Geschichte von zwei Frauen, die zwar in unterschiedlichen Zeiten gelebt haben“, erzählt die Tibetologin und Philosophin über ihr feministisches Werk, „aber dennoch ein ähnliches Schicksal teilen, das sich über die Generationen weiterspinnt wie eine Spirale. Und über die Wunden, die Frauen damals wie heute immer wieder zugefügt werden und die auch die Zeit nicht heilt. Zeitwunden.“ Der Roman ist das Ergebnis der vielen Themen, mit denen sich Marlene Erschbamer in ihrem Leben befasst, die jedoch ein Element verbindet: die Frauen.
Freischaffende Tausendsassa
Tibetologin, Philosophin, Mutter, Gesellschaftskritikerin und Bloggerin – und zudem im Brotberuf Mittelschullehrerin. Marlene Erschbamer ist ein Tausendsassa. Der rote Faden bei all der ganzen Vielfalt, der gemeinsame Nenner, der Schnittpunkt ihrer Standbeine gipfelt nun in dem Roman, an dem sie im Grunde über Jahre gearbeitet und mit dem sie schon länger „schwanger“ gegangen war. Als Tibetologin und freischaffende Wissenschaftlerin arbeitet Erschbamer an der Analyse von tibetischen Texten und begibt sich auf die Spuren der Frauen in der buddhistischen Lehrtradition Barawa. Als engagierte Feministin betreibt die Eggentalerin den Blog erinnermich.eu und macht Woche für Woche bemerkenswerte Frauen der Geschichte sichtbar, und „wenn der Blog derzeit auch vor allem in Deutschland gelesen wird, so bleibe ich dahinter, denn es sind wahnsinnig viele Themen und viele Bereiche, über die noch nichts geschrieben worden ist.“ Und als Wortkünstlerin arbeitet die 39-Jährige an Gedichten, Kontrafakturen bekannter Lieder und anderer kreativer Texte.
Veröffentlichung als Book on Demand
Was „Zeitwunden“ angeht, so war die Rohfassung für den Roman in nur einem Monat fertig. Im vergangenen Herbst hat Erschbamer ihr Werk nochmals komplett überarbeitet. „Ich hatte das große Glück eine Lektorin gefunden zu haben, die meine Sprache und meine Geschichte versteht“, erzählt die Autorin, die ihr sogenanntes Erstlingswerk – wenn es im Grunde auch kein solches ist – eigenständig als Book on Demand herausgeben wird. Sie will unabhängig sein in der Vermarktung und sich nicht den Spielregeln eines Verlages beugen. Diese Freiheit nimmt sich Erschbamer heraus, wohl auch deshalb, weil sie im Wissenschaftsbetrieb keine guten Erfahrungen gesammelt hat. Aber das ist eine andere Geschichte.
Freischaffende Tausendsassa
Veröffentlichung als Book on Demand

Kreativer Freigeist: Marlene Erschbamer © privat
Der Roman „Zeitwunden“ erscheint im Laufe des Jahres 2025 unter dem Pseudonym „Fiona Novale“ als Book on Demand, d.h. das Buch wird auf Vorbestellung für interessierte Leserinnen und Leser gedruckt. Aktuelle Informationen dazu gibt es demnächst unter erschbamer.net.