Landesbeirat für Chancengleichheit

Finanzielle Grundbildung: „Nicht nur die Schule ist gefragt“

// Maria Pichler //
Eine gute finanzielle Grundbildung ist Voraussetzung für Unabhängigkeit, Selbständigkeit, Entscheidungsfreiheit und Vorsorge – vor allem für Frauen. Zum Equal Pay Day am 21. April rückt der Landesbeirat für Chancengleichheit dieses Thema in den Mittelpunkt.
Cristina Stuffer © Handelskammer Bozen
Das Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen hat im vergangenen Jahr in Zusammenarbeit mit den drei Bildungsdirektionen die finanzielle Grundbildung der 15-Jährigen in Südtirol genauer unter die Lupe genommen. Im Interview erklärt Cristina Stuffer, Mitarbeiterin am WIFO in Bozen, die wichtigsten Studienergebnisse und legt Frauen nahe, sich stärker zu interessieren und informieren.
Was ist finanzielle Bildung?
Finanzielle Grundbildung ist ein ziemlich vielfältiger Begriff, der verschieden gedeutet werden kann. In unserer Studie haben wir uns an die OECD-PISA-Studie angelehnt. Es geht dabei weniger um theoretisches Wissen, sondern vielmehr um eine Grundhaltung in konkreten Alltagssituationen: Kann ich einen Bankauszug interpretieren oder Handyverträge vergleichen und bewerten? Sind mir die Risiken von Online-Geschäften bewusst?
Wie steht es um die finanzielle Bildung in Südtirol?
In unserer Studie stellt sich heraus, dass sich die Südtiroler 15-Jährigen im internationalen Vergleich in einem guten Mittelfeld befinden, leicht über dem italienischen Schnitt. 85 Prozent der Schülerinnen und Schüler sind imstande, die gestellten Anforderungen im Bereich Wirtschaft und Finanzen zu bewältigen. 15 Prozent jedoch tun sich schwer, in alltäglichen Situationen ökonomisch sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Zu den TOP-Performern mit einer hohen Punktezahl zählen nur 5 Prozent, das ist relativ bescheiden im internationalen Vergleich.
Welchen Beitrag kann und soll Schule leisten?
Zunächst gilt es ganz klar zu sagen: Es ist nicht nur die Schule alleine gefragt. Als WIFO haben wir im vergangenen Jahr selber eine Studie zum Thema Altersvorsorge gemacht und diese zeigt klar auf: Sowohl die Eltern als auch das enge Familienumfeld, Arbeitgebende und Interessensvertretungen, Wirtschaftsverbände und Verbraucherschutzorganisationen sind gefordert. Schule kann nicht alle Probleme alleine lösen. Aber: Schule kann Kompetenzen und Grundkenntnisse als Querschnittsthema vermitteln, denn finanzielle Bildung ist mit Sicherheit eine fächerübergreifende Materie, für die gute Mathematikkenntnisse und Lesekompetenzen gefragt sind. Für spezifische Themen wie die Altersvorsorge kann sich jede und jeder dann bei Bedarf immer noch an Experten und Expertinnen wenden.
Warum ist finanzielle Bildung besonders für Frauen wichtig?
Finanzielle Bildung ist für alle wichtig und ausbaufähig. Aus der Studie geht aber klar hervor, dass – auch in anderen Ländern – Schülerinnen grundsätzlich schlechter abschneiden als ihre männlichen Altersgenossen. Mädchen und Frauen sind unsicherer im Umgang mit Geldangelegenheiten, bei der Interpretation von Kaufverträgen und der Einschätzung von digitalen Finanzdienstleistungen. Sie zeigen auch weniger Interesse an Finanzthemen. Beim Thema Altersvorsorge zeigt sich dann aber die Relevanz ganz klar: Einzahlungslücken, niedrigere Beiträge aufgrund von Auszeiten und Teilzeit oder die Tätigkeit als mitarbeitende Familienmitglieder wirken sich drastisch auf die Rente aus. Umso wichtiger ist es, dass Frauen sich dessen bewusst sind und sich mehr für das Thema interessieren.
Wo können sich Frauen interessieren und informieren?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, zumal eine Sensibilisierungsarbeit von unterschiedlichen Stellen vorangetrieben wird: die Betriebe, die Handelskammer und das Wirtschaftsforschungsinstitut, die Wirtschaftsverbände, die Patronate und der Verbraucherschutz. Neben der Schule sind auch Institutionen wie Pensplan und die Banken sehr darum bemüht, das Thema Vorsorge stärken in den Mittelpunkt zu rücken. Und wenn frau will, dann findet sie die Informationen. Eher geht es vermehrt darum, vorherrschende Rollenbilder aufzubrechen, etwa bei der Berufswahl.
Wie können Frauen vorsorgen und sich absichern?
Für eine gute Vorsorge sind zwei Punkte wichtig: genügend Beiträge einzuzahlen und möglichst keine Lücken aufzuweisen. Das ist essentiell für eine anständige Rente im Alter und das gilt es den Frauen bewusst zu machen. Immer wichtiger ist hierbei ein Zusatzrentenfond – für Frauen nochmals mehr, weil sie eindeutig zur Risikogruppe für eine Altersarmut zählen.
Die Studie zur finanziellen Grundbildung der 15-Jährigen ist unter www.wifo.bz.it/studien abrufbar.

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Frankreich: Kostenlose Verhütungsmittel für unter 26-Jährige

// Maria Pichler //
Frankreich hat die Altersgrenze für kostenlose Verhütungsmittel erhöht © Reproductive Health Supplies Coalition / Unsplash


Im Jahr 2022 hat Frankreich die Altersgrenze für kostenlose „weibliche“ Verhütungsmittel wie die Pille von 18 auf 25 Jahre angehoben. Seit Beginn dieses Jahres gilt dies auch für Kondome, die von jungen Menschen unentgeltlich in den Apotheken abgeholt werden können. Grund für diesen Vorstoß ist, dass junge Französinnen (und Franzosen) vermehrt aus finanziellen Gründen keine Verhütungsmittel verwenden, sprich: Verhütung ist zu teuer. Zum einen verzichten sie damit jedoch darauf, sich selbst zu schützen, Infektionen mit Chlamydien, Hepatitis B, Herpes und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten sind im Steigen. Zum anderen konnte zwischen den Jahren 2012 und 2018 durch die kostenlose Verschreibung der Pille für Minderjährige die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Frankreich um ein Drittel gesenkt werden.