Kolumne
Wer ist family?
// Alexandra Kienzl //
Wo es geht, verherrlichen wir die traditionelle Familie. Dabei hat das Konzept ausgedient.
Eigentlich wollte ich mich in dieser Kolumne ja schon wieder mit Frau Meloni beschäftigen. Damit, dass ich ihr fast auf den Leim gegangen wäre, weil sie sich gegen die Leihmutterschaft ausgesprochen hat, die ich auch, sobald Geld im Spiel ist, für völlig indiskutabel halte. Meloni dafür zu applaudieren wäre aber völlig fehl am Platz gewesen, weil es ihr weniger drum geht, die Rechte der betroffenen Frauen zu schützen, sondern vielmehr darum, es gleichgeschlechtlichen (männlichen) Paaren nahezu unmöglich zu machen, Eltern zu werden. Weil die traditionelle Familie über allem steht. Darüber hätte ich mich eigentlich empören wollen, eigentlich. Aber dann wurden die Kinder krank, und es brach Sodom und Gomorrha über uns herein.
Ich will nichts beschönigen: Ein Kind erbrach ohne Unterlass, das andere schien plötzlich mit der Beulenpest geschlagen und machte nonstop wehklagend darauf aufmerksam, das Dritte klammerte sich an mein Bein und hängt nur jetzt gerade nicht dran, weil es schläft. An gewinnbringendes Sinnieren über Regenbogenfamilien ist nicht mehr zu denken, wenn es gilt, Erbrochenes aufzufangen, verabscheute Medizin einzuflößen, Bauchelen zu reiben, Nasen zu putzen (oh diese Nasen und ihr schier unendlicher Rotzfluss!). Dafür kam mir die Erkenntnis: Was, wenn nicht das, ist Familie? Wenn man aus Liebe Dinge tut, die man eigentlich supereklig findet? Wenn man im Haus verbarrikadiert bleibt und die hundertste Folge von „Lassie“ sieht, während draußen Sonntagsspaziergänger den frühlingsblauen Himmel genießen? Wenn man sich um andere kümmert, ohne einen direkten Nutzen davon zu haben? „Familie ist, wo Kinder sind“, sprach die deutsche Bundesfamilienministerin 1998, aber gehört die Definition mittlerweile nicht viel weiter gefasst? Ist Familie nicht überall dort, wo Menschen sind, die einander verbunden sind, die aufeinander schauen, in guten und insbesondere auch in schlechten Zeiten, ohne sich etwas dafür zu erwarten?
Wir zelebrieren ja nach wie vor gern die 08/15-Kernfamilie: Vater, Mutter, Kinder. Ob mit lustigen Namensaufklebern am Auto, mit weichgezeichneten, nur haarscharf am Kitsch vorbeischrammenden Familienfotos vom Profi, die wir stolz auf Facebook hochladen, mit Profilbildern auf Whatsapp, wo uns Erzeuger plus Nachwuchs entgegenlächeln, obwohl die Telefonnummer doch eigentlich nur auf die Mama läuft. Wir lassen kaum eine Gelegenheit aus, um zu unterstreichen: Ja, wir haben uns gefunden, vermehrt und sind jetzt amtlich „Familie“. Wir sind im Club, und du und du und du, ihr seid es hingegen nicht. Dabei ist das Sich-Vermehren keine Garantie dafür, dass es dann auch mit dem Sich-Kümmern passt, und umgekehrt gibt es massig Menschen, die das mit der gegenseitigen Fürsorge aus Zuneigung vorbildlichst hinkriegen, ohne dafür verehelicht oder blutsverwandt sein zu müssen. Zum Glück ist das so, denn die Zeiten haben sich geändert: Die Gesellschaft überaltert, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird aufgrund des Fachkräftemangels wichtiger denn je, Ressourcenknappheit und Inflation machen Wohnen teuer wie nie. Gerade angesichts dieser Herausforderungen wird klar, dass die traditionelle Kleinfamilie ausgedient hat und der Fokus auf neuen Formen des Zusammenlebens liegen muss. Irgendwann wird das auch Frau Meloni einsehen müssen, wenn sie die Probleme unserer Zeit wirklich angehen will.
Ich will nichts beschönigen: Ein Kind erbrach ohne Unterlass, das andere schien plötzlich mit der Beulenpest geschlagen und machte nonstop wehklagend darauf aufmerksam, das Dritte klammerte sich an mein Bein und hängt nur jetzt gerade nicht dran, weil es schläft. An gewinnbringendes Sinnieren über Regenbogenfamilien ist nicht mehr zu denken, wenn es gilt, Erbrochenes aufzufangen, verabscheute Medizin einzuflößen, Bauchelen zu reiben, Nasen zu putzen (oh diese Nasen und ihr schier unendlicher Rotzfluss!). Dafür kam mir die Erkenntnis: Was, wenn nicht das, ist Familie? Wenn man aus Liebe Dinge tut, die man eigentlich supereklig findet? Wenn man im Haus verbarrikadiert bleibt und die hundertste Folge von „Lassie“ sieht, während draußen Sonntagsspaziergänger den frühlingsblauen Himmel genießen? Wenn man sich um andere kümmert, ohne einen direkten Nutzen davon zu haben? „Familie ist, wo Kinder sind“, sprach die deutsche Bundesfamilienministerin 1998, aber gehört die Definition mittlerweile nicht viel weiter gefasst? Ist Familie nicht überall dort, wo Menschen sind, die einander verbunden sind, die aufeinander schauen, in guten und insbesondere auch in schlechten Zeiten, ohne sich etwas dafür zu erwarten?
Wir zelebrieren ja nach wie vor gern die 08/15-Kernfamilie: Vater, Mutter, Kinder. Ob mit lustigen Namensaufklebern am Auto, mit weichgezeichneten, nur haarscharf am Kitsch vorbeischrammenden Familienfotos vom Profi, die wir stolz auf Facebook hochladen, mit Profilbildern auf Whatsapp, wo uns Erzeuger plus Nachwuchs entgegenlächeln, obwohl die Telefonnummer doch eigentlich nur auf die Mama läuft. Wir lassen kaum eine Gelegenheit aus, um zu unterstreichen: Ja, wir haben uns gefunden, vermehrt und sind jetzt amtlich „Familie“. Wir sind im Club, und du und du und du, ihr seid es hingegen nicht. Dabei ist das Sich-Vermehren keine Garantie dafür, dass es dann auch mit dem Sich-Kümmern passt, und umgekehrt gibt es massig Menschen, die das mit der gegenseitigen Fürsorge aus Zuneigung vorbildlichst hinkriegen, ohne dafür verehelicht oder blutsverwandt sein zu müssen. Zum Glück ist das so, denn die Zeiten haben sich geändert: Die Gesellschaft überaltert, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird aufgrund des Fachkräftemangels wichtiger denn je, Ressourcenknappheit und Inflation machen Wohnen teuer wie nie. Gerade angesichts dieser Herausforderungen wird klar, dass die traditionelle Kleinfamilie ausgedient hat und der Fokus auf neuen Formen des Zusammenlebens liegen muss. Irgendwann wird das auch Frau Meloni einsehen müssen, wenn sie die Probleme unserer Zeit wirklich angehen will.