Think
Sag niemals Nie
// Alexandra Kienzl //
Schönheitseingriffe doof finden ist leicht – wenn man jung ist. Es gab eine Zeit, da waren kosmetische Eingriffe etwas, dem die Durchschnittsbürgerin höchstens in den Klatsch-und-Tratschspalten von Hochglanzmagazinen begegnete: Hollywoodstar Soundso hat dieses und jenes machen lassen, vorher und nachher, sieh mal einer an. Mittlerweile sind minimal-invasive Behandlungen zur Erhaltung oder mehr oder weniger gelungenen Wiedererlangung jugendlicher Frische mitten in der Gesellschaft angekommen: Frau muss nicht mehr ins Ausland pilgern um sich kostspieligen Reparaturarbeiten zu unterziehen, nein. Gefühlt bietet jetzt jeder Bäcker um die Ecke Botoxspritzen und Augenlidstraffungen an, und das zu erschwinglichen Preisen. Woher ich das weiß? Ich habe gegoogelt, natürlich aus rein journalistischem Interesse, weil sie mir plötzlich überall aufgefallen sind, die glattgebügelten Stirnen und hochgezurbelten Augenpartien, die vollen Bäckchen und prallen Lippen. Während sich im eigenen Gesicht die Zornesfalte immer mehr wie ein Gebirgsbach zwischen die Augenbrauen gräbt und generell das Gesetz der Schwerkraft zunehmend seinen Tribut fordert, scheint die weibliche Umgebung punktuell neu zu erblühen, und nicht nur diese: Auch ein bekannter Südtiroler Unternehmer sieht neuerdings verdächtig straff aus, aber seien wir gnädig, vielleicht hat er auch nur einen super Filter auf dem Smartphone.
Jedenfalls ist es heutzutage nicht komplizierter als ein Friseurbesuch, sich ein wenig „auffrischen“ zu lassen, sogar Hausärzte haben Anti-Aging im Angebot, und da stellt sich dann doch die Frage: Was ist eigentlich der große Unterschied zwischen einer neuen Haarfarbe und ein wenig Botox in der Stirn? Warum ist das Eine gesellschaftlich akzeptiert, das Andere aber verpönt? Beides dient dazu, uns besser aussehen zu lassen, sich besser zu fühlen, und dem Zahn der Zeit entgehen zu wollen, ist eine Anstrengung, die der Mensch seit Beginn seiner Geschichte unternimmt. Zugegeben, vor ein paar Jahren noch, da hätte ich anders getönt: In Würde altern, stolz auf die Falten sein, das Unausweichliche akzeptieren, usw. – da hat der Blick in den Spiegel aber auch noch nicht so unbarmherzig die eigenen Spuren des Alterungsprozesses offenbart. Freilich ist das Ganze nicht unproblematisch: Will frau die Falten wirklich nur loswerden, um eigenen Ansprüchen zu genügen, weil das Äußere mit dem Inneren plötzlich nicht mehr übereinzustimmen scheint („So alt bin ich gar nicht!“)? Oder hat frau das vom Patriarchat propagierte weibliche Schönheitsideal (jung! knackig! fruchtbar!) einfach derart verinnerlicht, dass sie glaubt, dem auf Biegen und Brechen so lang wie möglich einigermaßen entsprechen zu müssen? Und wie erklärt man denn dem eigenen weiblichen Nachwuchs, dem man 24/7 Body Positivity, also Zufriedenheit mit dem eigenen Aussehen, einhämmert, wieso Mama plötzlich doch nicht so happy mit ihren Krähenfüßen ist?
Es gibt sie, die Vorbilder: im Bekanntenkreis und auch im jugendfixierten Hollywood, in dem Frauen jenseits der 40 entweder den Gnadentod sterben oder nur mehr als Mutter des Helden besetzt werden. Die Schauspielerin Kate Winslet etwa, die sich dem Optimierungswahn selbstbewusst widersetzt und erklärt, sie habe nie enden wollen, wie ihre Mutter, die zeitlebens unzufrieden mit ihrem Aussehen war: „Mein Gesicht zeigt Spuren meines Lebens, wieso sollte ich sie ausradieren wollen?“ Und auch die Mode-Ikone Sarah Jessica Parker zeigt sich im Sequel der Erfolgsserie „Sex and the City“ wohltuend als eine natürlich gealterte Carrie: Eine Mitfünfzigerin spielt eine Mitfünfzigerin, die nicht so aussieht, als hätte sie die letzten zwanzig Jahre in der Kühlbox verbracht, von der aber ein Leuchten ausgeht, das jedes Fältchen überstrahlt. Wer es den Damen nachmachen und auf den Jugendwahn pfeifen kann, dem sei gratuliert. Wer es noch nicht schafft, auch keine Schande: Sich mit sich selbst wohlfühlen soll die Maxime sein. Wichtig ist bloß, dass man wohlmeinende Menschen an seiner Seite hat, die einschreiten, bevor man sich optisch immer mehr einem gestrafften Klingonen annähert. Da sind Falten dann doch das kleinere Übel.
Jedenfalls ist es heutzutage nicht komplizierter als ein Friseurbesuch, sich ein wenig „auffrischen“ zu lassen, sogar Hausärzte haben Anti-Aging im Angebot, und da stellt sich dann doch die Frage: Was ist eigentlich der große Unterschied zwischen einer neuen Haarfarbe und ein wenig Botox in der Stirn? Warum ist das Eine gesellschaftlich akzeptiert, das Andere aber verpönt? Beides dient dazu, uns besser aussehen zu lassen, sich besser zu fühlen, und dem Zahn der Zeit entgehen zu wollen, ist eine Anstrengung, die der Mensch seit Beginn seiner Geschichte unternimmt. Zugegeben, vor ein paar Jahren noch, da hätte ich anders getönt: In Würde altern, stolz auf die Falten sein, das Unausweichliche akzeptieren, usw. – da hat der Blick in den Spiegel aber auch noch nicht so unbarmherzig die eigenen Spuren des Alterungsprozesses offenbart. Freilich ist das Ganze nicht unproblematisch: Will frau die Falten wirklich nur loswerden, um eigenen Ansprüchen zu genügen, weil das Äußere mit dem Inneren plötzlich nicht mehr übereinzustimmen scheint („So alt bin ich gar nicht!“)? Oder hat frau das vom Patriarchat propagierte weibliche Schönheitsideal (jung! knackig! fruchtbar!) einfach derart verinnerlicht, dass sie glaubt, dem auf Biegen und Brechen so lang wie möglich einigermaßen entsprechen zu müssen? Und wie erklärt man denn dem eigenen weiblichen Nachwuchs, dem man 24/7 Body Positivity, also Zufriedenheit mit dem eigenen Aussehen, einhämmert, wieso Mama plötzlich doch nicht so happy mit ihren Krähenfüßen ist?
Es gibt sie, die Vorbilder: im Bekanntenkreis und auch im jugendfixierten Hollywood, in dem Frauen jenseits der 40 entweder den Gnadentod sterben oder nur mehr als Mutter des Helden besetzt werden. Die Schauspielerin Kate Winslet etwa, die sich dem Optimierungswahn selbstbewusst widersetzt und erklärt, sie habe nie enden wollen, wie ihre Mutter, die zeitlebens unzufrieden mit ihrem Aussehen war: „Mein Gesicht zeigt Spuren meines Lebens, wieso sollte ich sie ausradieren wollen?“ Und auch die Mode-Ikone Sarah Jessica Parker zeigt sich im Sequel der Erfolgsserie „Sex and the City“ wohltuend als eine natürlich gealterte Carrie: Eine Mitfünfzigerin spielt eine Mitfünfzigerin, die nicht so aussieht, als hätte sie die letzten zwanzig Jahre in der Kühlbox verbracht, von der aber ein Leuchten ausgeht, das jedes Fältchen überstrahlt. Wer es den Damen nachmachen und auf den Jugendwahn pfeifen kann, dem sei gratuliert. Wer es noch nicht schafft, auch keine Schande: Sich mit sich selbst wohlfühlen soll die Maxime sein. Wichtig ist bloß, dass man wohlmeinende Menschen an seiner Seite hat, die einschreiten, bevor man sich optisch immer mehr einem gestrafften Klingonen annähert. Da sind Falten dann doch das kleinere Übel.