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Frankreich: „Die Scham muss die Seiten wechseln“
// Hannah Lechner //
Pelicot: „Die Scham muss die Seiten wechseln“ © shutterstock
Gisèle Pelicot steht in Avignon in Südfrankreich aktuell im Zentrum eines Gerichtsprozesses, der weit über die Landesgrenzen hinaus Schlagzeilen macht und viele Fragen rund um sexualisierte Gewalt innerhalb des eigenen sozialen Umfelds aufwirft. Pelicot wurde über knapp zehn Jahre immer wieder von ihrem Ex-Mann, von dem sie inzwischen geschieden ist, betäubt und von ihm sowie von sehr vielen weiteren Männern vergewaltigt. Die Entscheidung, den Prozess öffentlich zu führen, macht die 72-Jährige in Frankreich und darüber hinaus aktuell zur Ikone im Kampf gegen sexualisierte Gewalt: Sie fordert, dass die Welt erfährt, was ihr angetan wurde und will damit Opfern eine Stimme geben, anstatt die Täter durch Schweigen weiter zu legitimieren. „Denn“, so drückt es Pelicots Anwalt kurz nach dem Prozessauftakt aus, „die Scham muss die Seiten wechseln.“ Zu hoffen bleibt, dass der aktuelle Aufschrei und die Welle der Solidarität, die mit dem Prozess einhergehen, den Weg für systematische Veränderungen ebnen und etwa Reformen der Gesetzgebung in Bezug auf sexualisierte Gewalt anstoßen.