Unsere Gesellschaft gleicht einem Spiegel. Er reflektiert unsere Werte, unsere Prioritäten und unsere Menschlichkeit oder eben den Mangel daran. Wenn wir in diesen Spiegel schauen, sollten sich alle wohlfühlen können. Leider ist dieser aber vor langer Zeit gesprungen und es zeigen sich Brüche, die vielen unsichtbar erscheinen, solange sie nicht direkt betroffen sind. Risse ziehen sich durch seine Oberfläche und hinter den Linien erkennt man die Umrisse all derer, die in unserer Gesellschaft zu wenig Platz finden: Frauen, Kinder, Individuen, die Gewalt, Ungleichheit und Diskriminierung erleben. Ich wünsche mir, dass dieser Spiegel repariert wird. Keine bloßen Pflaster über seine Risse, sondern ein Umdenken.
… Sicherheit und Gleichheit
Erlebt eine Frau Gewalt, ist das keine Ausnahme, sondern Realität. Sie geschieht hinter verschlossenen Türen, in Beziehungen, in der Öffentlichkeit, in Strukturen, die Frauen nicht schützen, sondern verraten. Leider sprechen die Zahlen eine klare Sprache: Jede dritte Frau erlebt in ihrem Leben Gewalt. Es ist keine reine Statistik, sondern es sind Menschen, die hinter diesen Zahlen stehen. Es sind Leben, die gebrochen werden, Seelen, die von einem Umfeld im Stich gelassen werden, das Gewalt als privates Problem behandelt. Doch Gewalt ist kein individuelles Schicksal, sondern eine gesellschaftliche Verantwortung. Ich wünsche mir Sicherheit und Gleichheit für alle – und zumindest Orte, die Schutz und Würde garantieren.
… eine gewaltfreie Gesellschaft
Wenn es eine Antwort auf Gewalt gibt, dann beginnt sie in den Köpfen. Doch wie kann Bildung Veränderung bewirken, wenn sie selbst durch Gewalt geprägt ist – sei es durch die Vernachlässigung unbequemer Themen, durch das Ausklammern von Diskussionen über Machtstrukturen oder durch die Tabuisierung von Sexualität? Das Verhindern von Gewalt muss in unseren Schulen beginnen. Ich wünsche mir Bildung, die unseren Jüngsten Werkzeuge gibt, um Machtverhältnisse zu hinterfragen, Grenzen zu setzen und Empathie zu entwickeln.
… Vielfalt als unsere Essenz
Gleichstellung ist eines der großen, uneingelösten Versprechen unserer Gesellschaft. Sie bleibt unerfüllt, wenn Menschen jeden Tag um ihre Existenzberechtigung kämpfen müssen. Statt Vielfalt zu fördern, sehen wir Mauern. Dabei ist Vielfalt die Essenz unserer Menschlichkeit. Ich wünsche mir, dass wir akzeptieren, dass Gleichstellung und Vielfalt keine natürliche Entwicklung sind, sondern ein aktiver, oft unbequemer Prozess, der alte Strukturen und unsere eigene Bequemlichkeit aufbrechen muss, damit alle erblühen dürfen.
… Antworten auf einige Fragen
Die Risse in diesem Spiegel sind nicht unvermeidbar. Sie sind menschengemacht und damit veränderbar. Gewalt, Ungleichheit, Ignoranz und Passivität sind nicht die Natur des Menschen, sondern die Konsequenzen einer Gesellschaft, die verlernt hat, wirklich hinzusehen. Vielleicht beginnt Veränderung mit einem einfachen Gedanken: Was wäre, wenn wir nicht nur für uns selbst, sondern füreinander leben? Was wäre, wenn wir uns nicht von Angst, sondern von Hoffnung leiten lassen? Sind wir bereit, Verantwortung für die Risse zu übernehmen und sie gemeinsam zu heilen?