Die beste Methode, um die Entstehung von Gewalt zu verhindern, ist eine frühzeitige Prävention. Häufig wird dafür plädiert, diese Prävention in einem umfassenden Sinn zu verstehen. „Jede Maßnahme, die Täter in die Verantwortung nimmt, entfaltet auch präventive Wirkungen, soweit künftige Gewalthandlungen vermieden werden sollen. Jede Maßnahme, die Frauen schützt und stärkt, hat ebenfalls einen präventiven Charakter, wenn sie eine (Re-)Viktimisierung verhindert“, schrieb etwa das deutsche Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend einmal in einem Aktionsplan.
Ein Blick über die Südtiroler Grenzen zeigt, wie Prävention aussehen kann.
Österreich: Krisenhotline für Männer
In Österreich hat die hohe Zahl an Femiziden die Regierung veranlasst, ein Maßnahmenpaket gegen Gewalt an Frauen zu schnüren. Teil davon ist die Telefon-Hotline „Männerinfo“, die sowohl in Konfliktsituationen helfen als auch Beratungen, Anti-Gewalt-Trainings und mehr vermitteln soll. Das Angebot ist kostenlos. Dank 20 fixer Mitarbeiter*innen steht es rund um die Uhr zur Verfügung. Diese verfügen über eine psychosoziale oder juristische Grundausbildung und eine mehrjährige Erfahrung in der Männerberatung.
Schottland: Kampagne am Puls der Zeit
Die schottische Polizei richtet sich in einer neuen Kampagne ebenfalls explizit an Männer, und zwar unter dem Titel „Don’t be That Guy“ („Sei nicht dieser Typ“). Diese ging kurz nach Veröffentlichung auf Twitter viral (zu finden unter @ThatGuyScotland, offizielle Website: that-guy.co.uk). In dem Videoclip sprechen mehrere junge Männer direkt in die Kamera: „Hast du jemals eine Frau ‚Puppe‘ genannt? Oder ihr auf der Straße nachgepfiffen?“ Die Intensität der Aussagen steigert sich. Es werden verschiedene Situationen beschrieben, die bis zum Aufdrängen sexueller Handlungen reichen. „Die meisten Männer schauen in den Spiegel und sehen kein Problem. Aber es blickt uns direkt ins Gesicht. Sexuelle Gewalt beginnt oft früher als du glaubst. Sei nicht dieser Typ.“
Andrea Simon von „End Violence Against Women Coalition“ begrüßte gegenüber „The Guardian“ den Fokus der Kampagne: „Zu oft erleben wir, dass Gewalt gegen Frauen ein Thema ist, dessen Lösung den Frauen aufgebürdet wird, in dem sie ihr Verhalten anpassen sollen.“ Das sei nicht nur ineffektiv und ermüdend, sondern fördere auch den Glauben, dass Opfer für das, was ihnen geschieht, selbst verantwortlich seien.
Deutschland: Workshops für Kinder und Jugendliche
Die Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen (BIG) wendet sich mit Workshops an Kinder und Jugendliche. Ihnen soll die Wichtigkeit gewaltfreier Kommunikation und Konfliktlösungen vermittelt werden. Gleichzeitig werden sie bestärkt, in Gewaltsituationen innerhalb der eigenen Familie Unterstützung zu holen. Für ältere Jugendliche werden auch Workshops zum Thema „gewaltfreie Beziehung“ angeboten. Angesprochen werden ausdrücklich sowohl Mädchen als auch Jungen (mehr Infos unter big-praevention.de).
In Südtirol gibt es mit dem Workshop „Ich sage Nein!“, angeboten von den Frauenhäusern und unterstützt vom Landesbeirat für Chancengleichheit, bereits ein Angebot für Mädchen. Ein ergänzendes Projekt für alle Geschlechter brachten die Grünen vor einem Jahr per Beschlussantrag in den Landtag. Dieser wurde jedoch abgelehnt.